Der letzte Tag vor dem Weihnachtsfeste war verstrichen. |
Klar brach die Winternacht an, die Sterne schauten hervor, der Mond stieg majestätisch am Himmel empor, um allen guten Leuten und der ganzen Welt zu leuchten, damit allen fröhlich ums Herz sei, wenn nach dem Weihnachtsbrauch unter den Fenstern zu Christi Lob und Preis gesungen würde. |
Der Frost war noch schneidender als am Morgen; aber dafür war es so still, daß man das Knirschen des Schnees unter den Stiefeln eine halbe Werst weit hören konnte. |
Noch war unter keinem Fenster eine einzige Schar von Burschen zu sehen; allein der Mond blickte verstohlen durch die Scheiben, als wollte er den sich putzenden Mädchen zuwinken, sie sollten schneller hinauslaufen in den knisternden Schnee. |
Da wälzten sich dichte Ballen von Qualm aus dem Schornstein einer Hütte und stiegen wie eine Wolke zum Himmel auf, und zugleich mit dem Rauch ritt eine Hexe auf einem Besenstiel in die Höhe. |
Wenn in diesem Augenblick der Herr Assessor aus Sorotschintzy in einem mit Gutspferden bespannten Dreispänner vorbeigefahren wäre, die Mütze mit der Hammelfellborde, wie sie die Ulanen tragen, auf dem Kopf, in seinem blauen, mit schwarzem Lammfell gefütterten Pelz, und mit seinem Teufelsding, der geflochtenen Peitsche, mit der er gewöhnlich seinen Kutscher anfeuerte, so hätte er sie bestimmt gesehen; denn dem Assessor von Sorotschintzy kann keine Hexe entgehen. |
Er kann sich's nämlich von jedem Frauenzimmer an den Fingern abzählen, wieviel Ferkelchen ihre Sau wirft, wieviel Leinwand in ihrem Kasten liegt, und er weiß aufs Tüpfelchen, was ein wackerer Mann an einem Sonntag in der Schenke an Kleidern und Wirtschaftssachen versetzt. |
Aber der Assessor von Sorotschintzy kam nicht vorbeigefahren, und dann kümmerte er sich auch nicht um fremde Leute -- er hatte ja seinen eigenen Bezirk. |
Unterdessen aber stieg die Hexe so hoch empor, daß sie da oben nur noch wie ein schwarzes Pünktchen aussah. |
Aber wo dies Pünktchen sich zeigte, dort verschwand ein Stern nach dem andern vom Himmel. |
Bald hatte die Hexe einen ganzen Ärmel voll von ihnen heruntergeholt. |
Nur noch drei oder vier blinkten so herum. |
Auf einmal jedoch tauchte an der entgegengesetzten Seite ein andres Pünktchen auf, wurde immer größer, dehnte sich in die Breite, und bald war es kein Pünktchen mehr. |
Ein Kurzsichtiger hätte sogar statt einer Brille die Räder vom Wagen des Kommissärs auf die Nase setzen können, aber auch dann hätte er nicht genau erkennen können, was das für ein Ding war. |
Von vorne sah es sich ganz an wie ein Welscher: |
das spitzige Mäulchen, das sich fortwährend bewegte und alles und alle beschnüffelte, lief in ein rundes Fünfkopekenstück aus, wie bei unsren Schweinen; die Beine waren so dünn, daß sie auch dem Jereskower Amtmann, wenn er solche gehabt hätte, schon beim ersten Sprung im Kosakentanz gebrochen wären. |
Dafür aber war's von hinten ein waschechter Gouvernementsprokurator in Uniform, denn ihm baumelte ein Schwanz herunter, der so lang war und so spitz zulief wie die Schöße an den neumodischen Uniformen; höchstens aus dem Bocksbart unterm Maul, aus den kleinen Hörnerchen auf dem Kopfe und daraus, daß er nicht viel weißer war als ein Schornsteinfeger, konnte man erraten, daß das weder ein Kerl aus dem Auslande, noch ein Gouvernementsprokurator war, sondern ganz einfach der Teufel in eigener Person, für den die letzte Nacht gekommen war, wo er sich in Gottes weiter Welt umhertreiben und die guten Menschen zu allerlei Sünden verführen durfte. |
Denn morgen schon sollte er beim ersten Glockenschlage der Frühmesse mit eingezogenem Schwanz zur Hölle fahren. |
Indessen aber schlich sich der Teufel leise an den Mond heran und streckte die Hand aus, um nach ihm zu greifen; plötzlich jedoch riß er seine Hand zurück, als wenn er sich verbrannt hätte, sog an den Fingerspitzen, schlenkerte mächtig mit dem einen Bein und schlüpfte dann auf die andere Seite; aber da prallte er wiederum zurück und zog schleunigst die Hand weg. |
Trotz dieser Mißerfolge ließ jedoch der listige Teufel nicht von seinen bösen Streichen. |
Mit einem Anlauf rannte er heran und packte den Mond mit beiden Händen; er krümmte sich hin und her, blies aus vollen Backen auf ihn und warf ihn aus einer Hand in die andere, wie ein Bauer, der sich mit bloßen Händen Feuer für seine Pfeife holt; endlich steckte er ihn rasch in seine Tasche und sauste weiter, als ob ganz und gar nichts geschehen wäre. |
In Dikanka hatte niemand gemerkt, daß der Teufel den Mond gestohlen hatte. |
Freilich, als der Gemeindeschreiber, übrigens auf allen Vieren, die Schänke verließ, sah er, daß der Mond plötzlich am Himmel umhertanzte, und er beschwor das bei allen Heiligen vor dem ganzen Dorfe; aber die Leute im Dorfe schüttelten nur die Köpfe und lachten ihn einfach aus. |
Doch was hatte den Teufel eigentlich zu einer so schändlichen Tat veranlaßt? |
Der Grund war folgender: |
er wußte, daß der reiche Kosak Tschub vom Küster zum Weihnachtsschmaus eingeladen war, und daß außerdem noch der Amtmann, ein Anverwandter des Vorsängers von der Bischöflichen Sängerkapelle, ein Mann im blauen Rock, der die tiefsten Baßtöne mühelos hervorbrachte, ferner der Kosak Swerbygus und noch dieser und jener da sein würden. |
Da würde es außer dem Weihnachtskuchen noch süßen Branntwein, Safranschnaps und noch allerhand Gutes zum Essen und Trinken geben. |
Unterdessen würde aber sein Töchterchen, die erste Schöne im ganzen Dorf, allein zu Hause bleiben; und dann würde sicher der Schmied zu dem Mädel kommen, ein handfester, kräftiger Bursch, ein Mordskerl, der dem Teufel noch widerwärtiger war als die Predigten des Vaters Kondrat. |
In seinen Mußestunden pflegte der Dorfschmied sich nämlich mit der Malerei zu beschäftigen, und er galt als der beste Maler in der ganzen Umgegend. |
Der Kosaken-Hauptmann L... |
...ko, der damals noch lebte, hatte ihn sogar eigens dazu nach Poltawa kommen lassen, um den Bretterzaun vor seinem Hause zu tünchen. |
Alle Schüsseln, aus denen die Kosaken in Dikanka ihren Borschtsch schlürften, waren von ihm bemalt. |
Der Schmied war ein gottesfürchtiger Mann, malte oft Heiligenbilder, und man kann jetzt noch in der Kirche zu T..... |
einen Evangelisten Lukas von seiner Hand sehen. |
Aber der Triumph seiner Kunst war ein Bild, das er an die Wand der rechten Kirchenvorhalle gemalt hatte; da hatte er den heiligen Petrus dargestellt mit Schlüsseln in der Hand, wie er am jüngsten Tage den bösen Geist aus der Hölle vertreibt: der erschrockene Teufel rennt, seinen Untergang vorausahnend, hin und her, und die Sünder, die einst in die Hölle gesperrt waren, prügeln mit Knuten, Holzscheiten und allem, was ihnen unter die Hände kommt, auf ihn los. |
Zur Zeit, als der Maler an diesem Bilde arbeitete -- er malte es auf ein großes Brett -- hatte sich der Teufel aus aller Kraft bemüht, ihn dabei zu stören: |
er puffte ihn unsichtbar am Arm, holte Asche aus der Schmiede-Esse und streute sie auf das Bild; aber trotz alledem wurde das Werk zu Ende geführt, das Brett wurde in die Kirche gebracht, an der Wand der Vorhalle angenagelt, und seitdem hatte der Teufel dem Schmied Rache geschworen. |
Nur noch eine Nacht war ihm nun geblieben, durch die Welt zu ziehen; in dieser Nacht aber wollte er seine ganze Wut an dem Schmied auslassen, und darum beschloß er, den Mond zu stehlen; er hatte es sich nämlich folgendermaßen ausgedacht: |
der alte Tschub ist träge, und schwer auf die Beine zu kriegen, und dann ist es auch von seinem Hause bis zum Küster nicht sehr nahe. |
Der Weg zu ihm führte hinterm Dorfe an Windmühlen und am Friedhof, an einem Abgrund vorüber, und dann konnten bei hellen Mondnächten auch noch der süße Branntwein und der Safranschnaps den Tschub locken; aber bei dieser Finsternis konnte es wohl kaum jemandem gelingen, ihn von seinem Plätzchen hinterm Ofen hervor und auf die Straße hinaus zu lotsen. |
Und da würde der Schmied, der schon lange nicht im besten Einvernehmen mit ihm lebte, es sicher nicht wagen, seine Tochter aufzusuchen, und wenn er auch noch so kräftig war. |
Und so kam es, daß der Teufel kaum den Mond in die Tasche gesteckt hatte, als es plötzlich in der ganzen Welt so stockfinster wurde, daß manch einer den Weg ins Wirtshaus nicht gefunden hätte, geschweige denn den in des Küsters Haus. |
Die Hexe fand sich auf einmal im Dunkeln und stieß einen Schrei aus. |
Da scharwenzelte der Teufel auf sie zu, faßte sie flink unterm Arm und begann ihr allerhand schöne Dinge ins Ohr zu flüstern, wie man sie den Weibern gewöhnlich zuzuraunen pflegt. |
Es geht doch recht wunderlich zu in unserer Welt! |
Alles was in ihr leibt und lebt, alles ist bemüht, einander was abzugucken und andere Leute nachzuäffen. |
Früher gab's einmal eine Zeit, da trugen in ganz Mirgorod nur der Richter und der Bürgermeister im Winter Pelze, die mit Tuch überzogen waren, während die übrigen Unterbeamten gewöhnlich die Pelze mit dem Fell nach außen trugen; jetzt dagegen haben sich der Assessor und der Unterrendant neue Pelze aus feinem Lammfell mit Tuchbezügen zugelegt. |
Vor zwei Jahren kauften der Kanzlist und der Gemeindeschreiber Nanking zu sechzig Kopeken die Elle, und der Kirchendiener hat sich zum Sommer gar eine Pluderhose aus Nanking und sogar eine Weste aus Kammgarn machen lassen. |
Kurz, alles will zur feinen Welt gehören! |
Wann werden die Menschen endlich einmal von ihrer Eitelkeit ablassen! |
Nun könnte man wetten, manchem kommt der Gedanke sonderbar vor, daß der Teufel sich ebenso benimmt. |
Am ärgerlichsten ist's aber, daß er sich am Ende gar noch auf seine Schönheit was zugute tut, und dabei hat er doch eine Fratze, daß es eine wahre Schande ist. |
Geradezu eine Fresse, wie Foma Grigorjewitsch zu sagen pflegt, das Garstigste vom Garstigen, und so einer geht auch noch auf Liebschaften aus! |
Aber am Himmel war es so stockfinster geworden, daß man durchaus nichts mehr von dem sehen konnte, was sich zwischen dem Pärchen weiter abspielte. |
»Also, Gevatter, du bist noch nicht beim Küster in der neuen Hütte gewesen? |
sprach der Kosak Tschub, trat aus der Tür seines Hauses und ging auf einen hageren, baumlangen Bauer in kurzem Schafspelz zu, mit einem dichten Bart, der davon Zeugnis ablegen konnte, daß dies Kinn schon über vierzehn Tage lang nicht mehr von dem Sensenstück berührt worden, mit dem sich die Bauern in Ermanglung eines Rasiermessers ihren Bart schaben. » |
»Dort wird es jetzt ein schönes Gelage geben! |
fuhr Tschub, übers ganze Gesicht schmunzelnd, fort. » |
»Daß wir nur nicht zu spät kommen! |
Dabei rückte Tschub seinen Gurt zurecht, der seinen Pelz fest zusammenzog, schob die Mütze tief in die Augen und nahm die Knute -- den Schrecken und die Angst aller lästigen Hunde -- fester in die Hand. Als er jedoch nach oben blickte, hielt er inne..... |
»Teufel noch einmal! |
Schau! |
schau nur, Panas!..... |
sprach der Gevatter und hob ebenfalls seinen Kopf. |
»Was? |
Der Mond ist fort! |
»Verflucht! |
Wahrhaftig, der Mond ist fort! |
»Das ist es ja eben,« rief Tschub, einigermaßen ärgerlich über die unerschütterliche Teilnahmslosigkeit des Gevatters. » |
»Du scherst dich wohl wenig drum! |
»Ja, was soll ich denn dabei machen?« »Mußte sich da gerad so ein Teufel,« fuhr Tschub fort und wischte sich mit dem Ärmel den Schnurrbart, »grad so ein Teufel hineinmischen! So ein Hundsfott! Daß er morgens doch nie wieder sein Glas Schnaps zu trinken kriegte!..... Wahrhaftig! |
Als ich in der Stube saß, da sah ich zu meinem Vergnügen zum Fenster hinaus: |
die Nacht war ein reines Wunder! |
Es war ganz hell, der Schnee leuchtete im Mondlichte und alles war so klar zu sehen wie am lichten Tag; kaum aber trete ich aus der Tür -- da herrscht eine Dunkelheit, daß man die Hand vor den Augen nicht sieht! |
Mag er sich doch alle Zähne an hartem Buchweizenbrot ausbrechen!« Lange noch brummte und schimpfte Tschub, zugleich aber überlegte er, wozu er sich entschließen solle. |
Für sein Leben gern hätte er beim Küster über dies und jenes schwatzen mögen; denn sicher saßen dort schon der Amtmann, der zugereiste Baß und der Teersieder Mikita, der alle vierzehn Tage zum Markt nach Poltawa zu fahren pflegte und solche Possen trieb, daß die Leute auf dem Dorf sich den Bauch vor Lachen hielten. |
Schon sah Tschub in Gedanken den süßen Branntwein auf dem Tische stehn. |
Freilich, all das war verlockend, aber die Dunkelheit der Nacht lockte wieder zu jenem Faulenzerleben, das jedem Kosaken so lieb ist. |
Wie gut wäre es jetzt, mit untergeschlagenen Beinen auf der Ofenbank zu sitzen, seine Pfeife zu rauchen und in süß umnebelndem Schlummer den lustigen Burschen und Mädeln zuzuhören, die in Scharen vor den Fenstern ihre Lieder singen und die Weihnacht preisen! |
Ohne Zweifel hätte er sich auch für das letztere entschieden, wenn er allein gewesen wäre; aber zu zweit war es jetzt nicht mehr so langweilig und so gruselig, mitten durch die Nacht zu gehen, auch wollte er vor dem andern nicht faul und feige erscheinen. |
Als er mit dem Schimpfen fertig war, wandte er sich an den Gevatter. |
»Der Mond ist also weg, Gevatter? |
»Ja, er ist weg! |
»Wirklich sonderbar! |
Gib mir mal eine Prise! |
Du hast einen vortrefflichen Tabak, Gevatter! |
Wo hast du ihn her? |
»Vortrefflich? |
Ei, da soll mich doch der und jener --« antwortete der Gevatter, indem er seine Dose aus Baumrinde mit den eingeritzten Mustern zuklappte. » |
»Nicht einmal ein altes Huhn würde bei diesem Tabak niesen! |
»Ich erinnere mich,« fuhr Tschub in demselben Tone fort, »der verstorbene Schankwirt Susulja hatte mir einmal etwas Tabak aus Njeschin mitgebracht. |
O, war das ein Tabak! |
Also, Gevatter, was machen wir nun? |
»So bleiben wir meinetwegen zu Hause!« rief der Gevatter und griff schon nach der Türklinke. |
Hätte der Gevatter das nicht gesagt, so hätte Tschub sich wohl entschlossen, zu Hause zu bleiben; jetzt aber schien ihn geradezu etwas zum Widerspruch zu reizen. » |
»Nein, Gevatter, wir wollen gehen! Unmöglich! |
Wir müssen gehen! |
Kaum hatte er das gesagt, so ärgerte er sich schon über seine eigenen Worte. |
Es war ihm höchst unangenehm, sich in solcher Nacht herumtreiben zu müssen, aber der Gedanke tröstete ihn, daß er es selbst so gewollt, und daß er wider den Ratschlag eines anderen gehandelt hatte. |
Der Gevatter ließ auch nicht die leiseste Regung von Verdrießlichkeit auf seinem Gesichte erkennen. Er war ein Mann, dem es durchaus gleich war, ob er zu Hause saß, oder ob er sich draußen umhertrieb. Er sah sich nur noch einmal um, kratzte sich mit dem Stiel der Knute die Achseln -- und die beiden Gevattern machten sich auf den Weg. |
Doch sehen wir nun zu, was seine schöne Tochter trieb, die allein zu Hause geblieben war. |
Oxana war noch nicht ganz siebzehn Jahre alt, als man schon beinah in der ganzen Welt, sowohl diesseits wie jenseits von Dikanka, von nichts anderem sprach als von ihr. |
Die Burschen erklärten einstimmig, ein herrlicheres Mädchen gäbe es im ganzen Dorfe nicht, habe es noch nie gegeben und werde es auch niemals geben. |
Oxana hörte und wußte alles, was über sie geredet wurde, und sie war so eingebildet, wie ein schönes Mädchen es eben ist. |
Hätte sie nicht ein Kopftuch und die Jacke einer Bäuerin getragen, sondern ein Stadtkleid, so hätte sie sicher alle Mädchen in den Schatten gestellt. |
Die Burschen liefen ihr scharenweise nach; aber sie verloren allmählich die Geduld, verließen nach und nach die eigensinnige Schöne und wendeten sich anderen, weniger verwöhnten Werbern zu. |
Nur der Schmied blieb hartnäckig und hörte nicht auf, sie zu umwerben, obwohl er keineswegs besser behandelt wurde als die anderen. |
Sobald nun der Vater fortgegangen war, putzte und schmückte sich Oxana noch lange vor dem kleinen Spiegel im Bleirahmen. Sie konnte sich nicht satt sehen an ihrer Schönheit. |
»Was fällt den Leuten nur ein, mich zu rühmen, ich sei schön? |
sprach sie mit zerstreuter Miene, nur um einen Vorwand zu haben, mit sich selbst zu plaudern. » |
»Die Leute lügen, ich bin gar nicht schön! |
Aber das frische, lebhafte, kindlich jugendliche Gesicht im Spiegel, mit den strahlenden schwarzen Augen und dem unsagbar anmutigen Lächeln, das die Seele erglühen machte, bewies das Gegenteil. |
»Sind denn meine schwarzen Brauen und meine Augen in der Tat so schön?« fuhr sie fort, ohne den Spiegel aus der Hand zu legen, »daß sie nicht ihresgleichen in der Welt haben? |
Was ist nur Schönes an dieser Stumpfnase? |
an meinen Wangen? |
an meinen Lippen? |
Meine schwarzen Zöpfe sollen schön sein? |
O jeh, am Abend können sie einem Menschen einen ordentlichen Schreck einjagen: |
wie lange Schlangen winden und schlingen sie sich um meinen Kopf. |
Ich sehe jetzt, daß ich gar nicht schön bin! |
Und sie rückte den Spiegel etwas von sich fort und rief: » |
»Nein, ich bin doch schön! |
Ach, wie ich schön bin! |
Welch eine Freude werde ich einst dem bereiten, dessen Frau ich werde. |
Er wird außer sich sein vor Freude. |
Er wird mich zu Tode küssen! |
»Wunderbares Mädchen! |
flüsterte der Schmied, der leise eingetreten war. »Aber sie ist nicht wenig eitel! |
Schon eine Stunde lang steht sie da, besieht sich im Spiegel und kann sich nicht satt sehen an sich selbst, und dazu lobt sie sich noch ganz laut! |
»Ja, ihr Burschen, ich bin nicht euersgleichen, seht mich an,« fuhr die reizende Kokette fort. »Wie ist mein Gang so geschmeidig. Mein Hemd ist mit roter Seide genäht. |
Und was für Bänder ich auf dem Kopf habe! |
Euer Lebtag werdet ihr nicht mehr solche Goldborden sehen! |
All das hat mit mein Vater gekauft, damit mich der schönste Bursch der Welt zur Frau nimmt. |
Sie lächelte, wandte sich um und erblickte den Schmied..... |
Sie schrie auf und blieb mit strenger Miene vor ihm stehen. |
Der Schmied ließ die Hände herabsinken. |
Es wäre schwer zu sagen, was das braune Gesicht des wundervollen Mädchens ausdrückte: |
ein strenger Ausdruck spiegelte sich in ihm und durch die Strenge hindurch blickte ein gewisser Hohn über den verblüfften Schmied, und eine kaum merkliche Röte, die ihr der Ärger ins Gesicht getrieben hatte; all das zusammen war so unbeschreiblich schön, daß das Beste, was man hier hätte tun können, dies gewesen wäre: -- sie eine Million Mal abzuküssen. |
»Wie bist du hierhergekommen? |
»Willst du denn, daß ich dich mit der Schippe davonjage? |
Ihr versteht euch meisterhaft darauf, euch an uns heranzumachen. |
Im Nu schnüffelt ihr aus, wann die Väter aus dem Hause sind. |
O, ich kenne euch schon! |
Nun, ist meine Truhe fertig? |
»Sie ist bald fertig, mein Herzchen; nach den Feiertagen wird sie fertig. |
Wenn du wüßtest, wieviel Mühe ich mir gegeben habe: |
zwei Nächte lang habe ich die Schmiede nicht verlassen. Dafür soll aber auch keine Popentochter so eine Truhe haben. Ich habe Eisenbeschläge darauf getan, wie ich sie nicht einmal für den Wagen des Hauptmanns nahm, als ich noch in Poltawa auf Arbeit war. |
Aber wie wird sie erst bemalt sein! |
Und wenn du die ganze Umgegend mit deinen weißen Füßchen abläufst, du findest solch eine Truhe nicht mehr! |
Über den ganzen Grund werden rote und blaue Blumen verstreut sein, und es wird so leuchten wie Feuer. |
Zürne mir nicht! |
Erlaube mir wenigstens, zu dir zu reden und dich nur anzuschauen! |
»Wer verbietet dir das? Rede und schau! |
Und sie nahm Platz auf der Bank, blickte wieder in den Spiegel und begann ihre Flechten auf dem Kopfe zu ordnen. |
Sie blickte auf ihren Hals, auf das neue seidenbestickte Hemd, und ein leises Gefühl der Selbstzufriedenheit spiegelte sich auf ihren Lippen und auf ihren frischen Wangen und leuchtete aus ihren Augen. |
»Erlaube mir, daß ich neben dir Platz nehme! |
sagte der Schmied. |
»Setze dich,« sprach Oxana immer noch mit demselben selbstzufriedenen Ausdruck auf den Lippen und in den Augen. |
»Wundervolle, herzallerliebste Oxana, erlaube mir nur, daß ich dir einen Kuß gebe! |
sagte der Schmied ermutigt und preßte sie an sich, in der Hoffnung, ein Küßchen von ihr zu erwischen. Doch Oxana wandte ihre Wangen ab, die sich schon in erreichbarer Nähe von den Lippen des Schmiedes befanden, und stieß ihn von sich. » |
»Was du nicht alles möchtest! |
Kaum hat er den Honig, so braucht er gleich auch noch einen Löffel dazu! |
Geh doch, deine Hände sind noch härter als Eisen. |
Auch riechst du nach Rauch. |
Ich glaube gar, du hast mich ganz mit deinem Ruß beschmiert. |
Sie nahm den Spiegel und begann sich von neuem zu putzen. |
»Sie liebt mich nicht!« dachte der Schmied bei sich und ließ den Kopf hängen. » |
»Für sie ist alles nur Spielerei; und ich stehe vor ihr da wie ein Narr, und kann meine Augen nicht von ihr wenden. |
Ja, ich möchte immer so vor ihr stehen und meine Augen nicht von ihr wenden. |
Was würde ich alles darum geben, zu erfahren, was in ihrem Herzen vorgeht und wen sie eigentlich liebt. |
Aber nein, sie kümmert sich um niemand. |
Sie freut sich nur ihrer Schönheit, quält mich Armen, und ich bin so traurig, daß mir alles trüb und dunkel erscheint. Und dabei liebe ich sie doch so, wie kein Mensch in der Welt sie je geliebt hat oder lieben wird. |
»Ist es wahr, daß deine Mutter eine Hexe ist? |
fragte Oxana und brach in lautes Lachen aus; auch der Schmied fühlte, wie alles in seinem Innern auflachte. |
Dieses Lachen schien plötzlich in seinem Herzen wiederzuhallen und in den leise erschauernden Adern, aber gleich darauf erwachte ein Ärger in seiner Seele, weil er nicht die Macht hatte, dieses so anmutig lachende Antlitz zu küssen. |
»Was geht mich meine Mutter an? |
Du bist mir Mutter und Vater und alles, was es auf der Welt an Teurem für mich gibt! |
Wenn mich der Zar zu sich rufen ließe und zu mir sagte: » |
»Wakula, du darfst mich um alles bitten, was es Schönes in meinem Reiche gibt, ich will dir alles geben. |
Ich will dir eine Schmiede aus purem Golde bauen lassen, und du sollst silberne Hämmer zum Schmieden bekommen,« -- dann würde ich zu dem Zaren sagen: » |
»Ich will weder kostbare Edelsteine, noch eine goldene Schmiede, noch dein ganzes Reich. |
Gib mir lieber meine Oxana! |
»Schau, schau, so einer bist du also! |
Aber mein Vater ist auch nicht auf den Kopf gefallen. |
Paß auf, er heiratet noch deine Mutter!« sagte sie und lächelte listig. » |
»Aber, wo bleiben nur die Mädchen?..... |
Was soll das bedeuten? |
es ist schon höchste Zeit, daß man vor den Fenstern zu singen beginnt. |
Ich fange an, mich zu langweilen. |
»Mögen sie nur bleiben, wo sie sind, du meine Holde! |
»Warum nicht gar! |
Mit den Mädchen werden auch wohl die Burschen mitkommen. |
Ich stell' mir vor, was für putzige Sachen sie da erzählen werden! |
»Du sehnst dich also wohl nach ihrer Gesellschaft? |
Jemand hat geklopft. Das sind wohl die Mädchen und Burschen. |
»Worauf soll ich noch länger warten? |
sprach der Schmied zu sich selbst. » |
»Sie macht sich über mich lustig. |
Ich bin ihr ebensoviel wert, wie ein verrostetes Hufeisen. |
Wenn das aber wirklich so ist, dann soll wenigstens kein anderer über mich lachen. |
Sobald ich merke, daß ein anderer ihr besser gefällt als ich, dem will ich doch gleich..... |
Hier wurden seine Gedanken durch ein Pochen an die Tür unterbrochen, und eine Stimme, die bei dem kalten Frost ziemlich scharf klang, rief: » |
»Warte, ich mache schon selbst auf,« sagte der Schmied und trat in den Flur hinaus mit dem Vorsatz, dem ersten, der hereinkäme, aus Ärger die Rippen einzuschlagen. |
Der Frost nahm zu, und oben in der Höhe wurde es so kalt, daß der Teufel von einem Huf auf den anderen hüpfte und sich in die Fäuste blies, um nur einigermaßen seine frierenden Hände zu erwärmen. |
Es war auch kein Wunder, wenn's einen fror, der sich Tag für Tag in der Hölle herumdrückte. Dort ist's bekanntlich längst nicht so kalt wie bei uns im Winter, er aber steht da unten vor dem Feuer, mit einer Zipfelmütze auf dem Kopf, akkurat wie ein wirklicher Küchenmeister, und brät die Sünder mit solchem Vergnügen, wie wohl die Weiber zu Weihnachten Wurst braten. |
Selbst die Hexe litt unter der Kälte, trotzdem sie recht warm angezogen war; daher hob sie die Arme in die Höhe, schob ein Bein vor, gab ihrem Körper die Haltung eines Schlittschuhläufers und sauste, ohne ein Glied zu rühren, durch die Luft, wie wenn's einen steilen Eisberg hinabginge, geradeswegs in den Schornstein hinunter. |
Der Teufel folgte ihr auf dieselbe Art. |
Da dieses Vieh aber viel gewandter ist als so mancher Geck in Seidenstrümpfen, so ist's kein Wunder, daß er gerad am Eingang zum Schornstein seiner Geliebten auf den Hals flog, und schnell sahen sich die beiden in dem geräumigen Ofen mitten unter den Töpfen. |
Die Besenreiterin schob leise das Ofentürchen auf, um zu sehen, ob ihr Sohn Wakula nicht die Stube voller Gäste geladen hatte; als sie aber sah, daß niemand da war außer etwa ein paar Säcke, die in der Stube umher lagen, so kroch sie aus dem Ofen, warf den warmen Pelz ab, ordnete ihre Kleidung, und niemand hätte ihr mehr ansehen können, daß sie noch vor einer Minute auf einem Besenstiel geritten war. |
Die Mutter des Schmieds Wakula war nicht mehr als vierzig Jahre alt und war weder schön noch häßlich. |
Es ist ja auch ziemlich schwer, in diesen Jahren schön zu sein. |
Sie verstand es aber, selbst die gesetztesten und würdigsten Kosaken an sich zu fesseln (denen es, nebenbei bemerkt, auch wenig um die Schönheit zu tun war), so daß sie ebensowohl der Amtmann, wie der Küster Ossip Nikiforowitsch (natürlich, wenn die Frau Küsterin nicht zu Hause war), der Kosak Korni Tschub und der Kosak Kassjan Swerbygus aufzusuchen pflegten. |
Zu ihrer Ehre muß übrigens gesagt werden, daß sie es vorzüglich verstand, mit ihnen umzugehen: |
keinem einzigen von ihnen kam es auch nur von ferne in den Sinn, er könne einen Nebenbuhler haben. |
Ging ein frommer Bauer oder ein »Edelmann«, wie die Kosaken sich selbst zu nennen pflegen, am Sonntag in seinem Mantel mit der Kapuze zur Kirche, oder -- wenn das Wetter schlecht war -- ins Wirtshaus, so ließ er sich's nicht nehmen, bei der Solocha vorzusprechen, um ein paar fette Käsekrapfen mit Rahm zu essen und ein Weilchen mit der gesprächigen und gefälligen Hausfrau in der warmen Stube zu schwatzen. |
Der Edelmann machte eigens zu diesem Zweck einen großen Umweg, bevor er im Wirtshaus anlangte -- und nannte das »unterwegs mal vorsprechen |
Oder ging die Solocha einmal an einem Festtag, in ihrem grellen Kopftuch und ihrem Nankingkittel und dem blauen Rock darüber, der hinten mit goldenen Bändern benäht war, zur Kirche, und stellte sie sich gerade neben dem rechten Chor auf, so fing der Küster sicherlich an zu hüsteln und blinzelte unwillkürlich nach jener Seite hinüber; der Amtmann aber strich sich den Schnurrbart, wickelte sich seine Kosakenlocke ums Ohr und sprach zu dem neben ihm stehenden Nachbar, »Ei, ei, das ist mir ein Weibsbild! |
Ein ganz verteufeltes Weib! |
Die Solocha pflegte denn auch jeden Menschen zu grüßen, und jeder glaubte, sie grüße ihn allein. |
Aber wer es liebte, sich in fremde Angelegenheiten zu mischen, der konnte sofort merken, daß die Solocha am freundlichsten gegen den Kosaken Tschub war. Tschub war Witwer. |
Vor seinem Hause standen stets acht Schober Getreide, zwei Paar mächtige Ochsen streckten beständig ihre Köpfe durch das Geflecht des Schuppens auf die Straße hinaus und brüllten jedesmal, wenn sie eine Muhme oder einen Ohm, das heißt eine Kuh oder einen dicken Bullen kommen sahen. |
Ein bärtiger Bock kletterte hoch auf das Dach hinauf und meckerte mit einer gerad so schrillen Stimme von dort herab wie der Bürgermeister, um die auf dem Hofe umher stolzierenden Truthähne zu reizen, oder er kehrte seinen Hintern hervor, wenn er seine Feinde, die Dorfjungen, erblickte, die sich über seinen Bart lustig zu machen pflegten. |
In Tschubs Truhen lagen viele Ellen Leinwand, teure Schupans und altertümliche Röcke mit Goldborden: |
seine verstorbene Frau war nämlich sehr putzsüchtig gewesen. |
In seinem Gemüsegarten gab es außer Mohn, Kohl und Sonnenblumen auch noch zwei Beete mit Tabak. |
Von all dem, meinte die Solocha, wäre es ganz nett, wenn es ihrer eigenen Wirtschaft einverleibt würde; sie rechnete schon im voraus damit, welche Ordnung sie einführen wollte, wenn all das in ihre Hände gelangen würde, und daher verdoppelte sie ihr Wohlwollen gegen den alten Tschub. |
Damit aber ihr Sohn Wakula sich nicht an seine Tochter heran machte, alles Hab und Gut selbst einheimste, und ihr dann am Ende nicht mehr erlaubte, sich in irgend etwas einzumischen, so griff sie nach dem üblichen Mittel aller vierzigjährigen Weiber, das heißt, sie säte möglichst viel Fehde zwischen Tschub und dem Schmied. |
Vielleicht waren gerade diese Ränke und Listen der Grund davon, daß die alten Weiber, besonders wenn sie in fröhlicher Gesellschaft zusammen saßen und etwas über den Durst getrunken hatten, davon munkelten, die Solocha sei wirklich eine Hexe: der Bursche Kisjakolupenko habe hinten bei ihr einen Schwanz gesehen, der ungefähr so lang gewesen sei wie eine Weiberspindel; am verflossenen Donnerstag erst sei sie in Gestalt einer schwarzen Katze über die Straße gelaufen; auch sei einmal eine Sau zur Popenfrau gerannt gekommen, habe wie ein Hahn gekräht, dann sich die Mütze des Vaters Kondrat aufgesetzt und darauf sich wieder davongemacht..... |
Der Zufall wollte es, daß gerade zu der Zeit, als die alten Weiber über diese Dinge redeten, ein gewisser Kuhhirt namens Tymisch Korostjawi bei ihnen erschienen war. |
Er versäumte nicht, zu erzählen, wie er einmal im Sommer, kurz vor Peter und Paul, gerade als er sich im Stall schlafen gelegt und sich ein Bündel Stroh unter den Kopf gebettet hatte, mit eigenen Augen gesehen habe, wie eine Hexe mit aufgelöstem Haar und in bloßem Hemde angefangen habe, die Kuh zu melken; er habe sich nicht vom Fleck rühren können, so behext habe sie ihn, auch habe sie ihm die Lippen mit einem so widerlichen Zeug beschmiert, daß er noch einen ganzen Tag danach immer ausspucken mußte. |
Doch all das war immerhin zweifelhaft, denn nur der Assessor von Sorotschintzy kann eine Hexe sehen. |
Und daher wehrten sich alle Kosaken von Ansehen und Würden mit Händen und Füßen dagegen, wenn sie solche Reden mit anhören mußten. » |
»Sie lügen, die hundsföttischen Weiber! |
war gewöhnlich ihre Antwort. |
Kaum war die Solocha aus dem Ofen gekrochen und hatte sich ihre Kleider wieder ein wenig in Ordnung gebracht, so begann sie sofort als gute Wirtin die Stube aufzuräumen und alles auf seinen Platz zu stellen. Die Säcke aber rührte sie nicht an. » |
»Die hat Wakula gebracht, mag er sie doch auch selbst wieder hinaustragen! |
Der Teufel aber hatte sich, als er in den Schornstein hineinflog, zufällig umgeschaut, und da hatte er ganz nahe am Hause den Tschub Arm in Arm mit seinem Gevatter erblickt. |
Im Nu flog er wieder aus dem Ofen, rannte ihnen auf ihrem Wege voran und begann von allen Seiten Haufen hartgefrorenen Schnees aufzuwirbeln. |
Es erhob sich ein richtiges Schneegestöber, in der Luft flimmerte es nur so weiß durcheinander. |
Der Schnee wogte hin und her wie ein Netz und drohte, den Fußgängern Augen, Mund und Ohren zu verstopfen. |
Der Teufel aber flog wieder in den Schornstein hinein, fest davon überzeugt, daß Tschub und der Gevatter umkehren würden; dann würde Tschub den Schmied bei sich im Hause treffen und ihn sicherlich so traktieren, daß der auf lange Zeit nicht mehr imstande sein sollte, einen Pinsel in die Hand zu nehmen und Spottbilder zu malen. |
Und in der Tat, kaum hatte sich das Schneegestöber erhoben und kaum fing der Wind an, ihnen gerade ins Gesicht zu fegen, so äußerte Tschub schon Reue. Er schob sich die Mütze tiefer über die Ohren und regalierte alle, sich selbst, den Teufel und den Gevatter mit Schimpfworten. |
Übrigens war diese Wut nur geheuchelt. |
Tschub war sehr froh über das Unwetter. |
Bis zum Hause des Küsters war es ungefähr achtmal so weit, wie die Strecke, die sie schon zurückgelegt hatten. |
Die Wanderer kehrten also um. |
Der Wind blies ihnen zwar in den Nacken, aber es war gänzlich unmöglich, in diesem Schneegestöber auch nur das geringste zu sehen. |
»Halt, Gevatter! |
Ich glaube, wir gehen falsch,« sagte Tschub nach einer kurzen Weile. »Ich sehe keine einzige Hütte. |
He, ist das ein Schneegestöber! |
Bieg doch mal etwas zur Seite, Gevatter, vielleicht findest du da einen Weg, unterdessen will ich hier nach ihm suchen. |
Mußte uns auch der Gottseibeiuns bei solchem Unwetter aus dem Hause locken! |
Vergiß nur nicht zu rufen, wenn du den Weg gefunden hast. |
Herrgott, was für einen Haufen Schnee hat mir der Satan in die Augen gejagt! |
Der Weg war jedoch noch immer nicht zu sehen. |
Der Gevatter schlug einen Seitenweg ein und irrte in seinen langen Stiefeln hin und her, bis er endlich auf das Wirtshaus stieß. |
Diese Entdeckung freute ihn dermaßen, daß er alles vergaß, den Schnee von sich abschüttelte und ins Wirtshaus trat, ohne sich im Geringsten um seinen Gevatter auf der Straße zu scheren. |
Unterdessen war es Tschub so vorgekommen, als ob er den richtigen Weg gefunden hätte. Er machte Halt und schrie aus voller Kehle, als er aber sah, daß der Gevatter nicht zum Vorschein kam, beschloß er, den Weg allein fortzusetzen. |
Etwas weiter erblickte er sein Haus. |
Vor dem Hause und auf dem Dache lagen ganze Berge von Schnee. |
Er klatschte in die vor Kälte erstarrten Hände und begann, an die Tür zu klopfen und seiner Tochter gebieterisch zuzurufen, sie solle aufmachen. |
Da trat der Schmied aus dem Hause und schrie ihn grob an: » |
»Was willst du?« Tschub erkannte die Stimme des Schmieds und wich etwas zurück. » |
»Hm, nein, das ist nicht mein Haus,« sagte er sich, »in mein Haus würde sich der Schmied doch nicht hineinwagen, aber wenn ich's mir wiederum genauer ansehe, so ist's auch nicht das Haus des Schmieds. |
Wessen Haus könnte das bloß sein? |
Daß ich's nicht gleich erkannt habe! |
Das ist ja das Haus des lahmen Lewtschenko, der sich erst vor kurzem eine junge Frau genommen hat. |
Nur sein Haus sieht dem meinen so ähnlich. |
Daher kam es mir doch auch gleich etwas sonderbar vor, daß ich schon so schnell zu Hause war! |
Aber Lewtschenko sitzt jetzt ja beim Küster, das weiß ich genau. Was hat nur der Schmied hier zu suchen?..... |
Hahaha! |
Er besucht seine junge Frau. |
Das ist's also! |
Schön!..... |
Jetzt verstehe ich alles. |
»Wer bist du und was treibst du dich vor fremden Türen herum? |
rief der Schmied noch gröber als früher und rückte näher. |
»Nein, ich sag' ihm nicht, wer ich bin,« dachte sich Tschub, »am Ende krieg ich noch Hiebe von ihm, diesem verfluchten Bastard! |
Und er antwortete mit verstellter Stimme: » |
»Ich bin doch ein anständiger Mensch! |
Ich will euch nur ein paar Weihnachtslieder vorsingen, um euch einen kleinen Spaß zu machen! |
»Scher' dich zum Teufel mit deinen Weihnachtsliedern,« schrie Wakula wütend. » |
»Was stehst du noch da? |
Hörst du! Packe dich auf der Stelle! |
Tschub hatte diesen vernünftigen Vorsatz schon selbst gefaßt; es war ihm nur unangenehm, dem Befehle des Schmieds folgen zu müssen. |
Es schien ganz so, als ob ihn ein böser Geist vorwärts stieß und ihn zum Widerstand nötigte. » |
»Was schreist du da so? |
rief er mit derselben Stimme. »Ich will euch Weihnachtslieder vorsingen und sonst nichts! |
du hast also wohl an Worten noch nicht genug? |
rief der Schmied, und Tschub fühlte einen höchst schmerzhaften Schlag auf der Schulter. |
»Du bist gleich mit Prügeln bei der Hand, wie ich sehe! |
sagte er und wich etwas zurück. |
»Pack' dich, marsch! |
schrie der Schmied und regalierte ihn mit einem zweiten Schlag. |
rief Tschub mit einer Stimme, in die sich Schmerz, Ärger und Furcht mischten. » |
»Wie ich sehe, machst du keinen Spaß, deine Prügel tun ja ordentlich weh! |
»Marsch, vorwärts! |
rief der Schmied und schlug die Türe zu. |
»Schau einer an, wie tapfer der tut! |
sprach Tschub, als er nun allein auf der Straße stand. » |
»Versuch's nur und komm bloß heran! |
He, wer bist du denn? |
Etwa ein großes Tier, was? |
Du glaubst wohl, ich kann dir nichts anhaben? |
Nein, mein Täubchen, ich gehe geraden Wegs zum Kommissär, da sollst du was von mir erleben! |
Ich werde keine Rücksicht darauf nehmen, daß du ein Schmied bist und noch ein Maler dazu. |
Hm, wenn ich mir meinen Rücken und meine Schultern ansehe, so werde ich wohl sicher blaue Flecken finden. |
Er hat mir tüchtig zugesetzt, der hundsgemeine Lümmel. Schade nur, daß es so kalt ist, ich möchte nämlich nicht gern den Pelz ausziehen. Warte nur, du Teufelsschmied! |
Der Satan soll dich und deine Schmiede in Stücke schlagen. Du sollst noch ein Tänzchen bei mir erleben! |
Verfluchter Hallunke! -- |
Also ist er jetzt nicht zu Hause? |
Es ist ja nicht weit. -- Ob ich am Ende hingehe! |
Um diese Zeit wird uns niemand überraschen. |
Vielleicht hab' ich auch Glück und..... |
Seine Hiebe tun aber weh..... O, dieser gottsverdammte Schmied! |
Und Tschub kratzte sich den Rücken und schlug die entgegengesetzte Richtung ein. |
Die Genüsse, die seiner bei der Solocha harrten, verringerten einigermaßen den Schmerz, und machten Tschub sogar weniger empfindlich gegen den Frost, der auf den Straßen knirschte, und der nicht einmal vom Sausen des Windes übertönt wurde. |
Eine sauersüße Miene erschien manchmal auf seinem Gesicht, dessen Kinn und Schnurrbart das Unwetter schneller mit Schnee eingeseift hatte, als irgendein Barbier, der sein Opfer tyrannisch an der Nase packt. |
Wäre jedoch der Schnee einem nicht kreuz und quer vor den Augen herumgewirbelt, so hätte man noch lange sehen können, wie Tschub immer wieder stehen blieb, sich den Rücken kratzte, ausrief: » |
»Die Hiebe von diesem verfluchten Schmied tun aber mächtig weh! |
Während der flinke Stutzer mit Schwanz und Bocksbart aus dem Schornstein und wieder in den Schornstein zurückflog, blieb ihm zufällig seine Tasche, die ihm an der Seite hing und in die er den gestohlenen Mond hineingesteckt hatte, im Ofen hängen und ging auf. Der Mond benutzte diese Gelegenheit, flog aus dem Schornstein des Hauses der Solocha in die Freiheit hinaus und stieg flugs zum Himmel empor. |
das Schneegestöber war wie weggeblasen, der Schnee dehnte sich weit in die Ferne wie ein großes silbernes Gefild, über das kristallene Sterne ausgestreut waren. |
Selbst der Frost schien etwas nachgelassen zu haben. |
Burschen und Mädchen kamen in Scharen mit ihren Säcken herbei. |
Die Lieder schwirrten durcheinander, und beinahe vor keinem Fenster fehlten Sänger, die den heiligen Christ besangen. |
Der Mond leuchtet wundersam vom Himmel herab! |
Es ist schwer zu beschreiben, wie schön es ist, sich in solcher Nacht unter die Scharen laut lachender Mädchen und Burschen zu mischen, die zu allen Späßen und losen Streichen aufgelegt sind, wie sie nur eine lustig verbrachte Nacht eingeben kann. |
Unter dem dicken Pelze ist's warm; die Backen glühen nur noch lebhafter vor Kälte, und der Teufel scheint einen hinterrücks nur so zu mutwilligen Stückchen zu treiben. |
Scharen von Mädchen brachen mit Säcken in Tschubs Haus ein und umringten Oxana. |
Das Geschrei, das Gelächter und die Erzählungen betäubten den Schmied. |
Alle beeilten sich, der Schönen etwas Neues zu erzählen, sie luden ihre Säcke aus und prahlten mit dem Kuchen, den vielen Würsten und Krapfen, die ihnen ihr Straßengesang bereits eingebracht hatte. |
Oxana schien sehr vergnügt und fröhlich zu sein, schwatzte bald mit der einen, bald mit der anderen und lachte ohne Ende. |
Der Schmied sah dieses fröhliche Treiben voller Neid und Ärger an, und verfluchte diesmal das ganze Christsingen, obwohl er sonst wie besessen darauf war. |
»Du, Odarka! |
rief die Schöne lustig, zu einem der Mädchen gewandt, »du hast ja neue Schuhe an. |
Ach, wie reizend! |
Mit Goldstickerei! |
Du hast es gut, Odarka, du hast jemand, der dir alles kauft, mir kauft niemand so entzückende Schuhe. |
»Gräm dich nicht, meine herzallerliebste Oxana! |
unterbrach sie der Schmied. »Ich will dir solche Schuhe schenken, wie sie selbst ein Edelfräulein selten trägt! |
rief Oxana sofort und blickte ihn stolz an. » |
»Ich möchte doch sehen, wo du solche Schuhe herkriegen willst, die an meine Füße passen. |
Ja, wenn du mir die Schuhe brächtest, die die Zarin trägt.....! |
»Sieh einer an, was die will! |
riefen die Mädchen lachend. |
»Ja!« fuhr die Schöne stolz fort. »Seid ihr meine Zeugen: |
wenn mir der Schmied Wakula die Schuhe bringt, die die Zarin trägt, so habt ihr mein Wort darauf, daß ich sofort seine Frau werde. |
Die Mädchen führten die launische Schöne mit sich fort. |
»Lache nur, lache! |
sprach der Schmied, der gleich nach ihnen das Haus verließ. » |
Ich grüble und grüble und kann's nicht fassen, wo mein Verstand geblieben ist. |
Sie liebt mich nicht -- nun, da ist nichts zu ändern! |
Als ob's in der Welt nur die eine Oxana gäbe. |
Gott sei Dank, es gibt auch außer ihr noch viele nette Mädchen im Dorfe. |
Was soll ich denn überhaupt mit der Oxana? |
Sie wird ja doch nie eine gute Hausfrau; sie versteht es nur, sich zu putzen. Nein, nun ist's genug! |
Nun soll die Narretei aufhören! |
Aber gerade zur selben Zeit, als der Schmied diesen Entschluß fassen wollte, führte ihm ein böser Geist Oxanas lachendes Antlitz vor Augen, und das sprach höhnisch: » |
»Schmied, hol mir die Schuhe der Zarin, und ich bin deine Frau! |
Und alles in ihm geriet in Wallung, und er dachte nur noch an Oxana. |
Scharen von Sängern: Burschen und Mädchen in getrennten Trupps eilten aus einer Straße in die andere. |
Aber der Schmied schritt dahin, ohne etwas zu sehen, und teilnahmslos gegen die Lustbarkeit, die er einst mehr geliebt hatte, als alle andern Burschen. |
Unterdessen wurde der Teufel allen Ernstes zärtlich gegen Solocha: |
er küßte ihr die Hand mit denselben Fratzen, mit denen der Assessor der Popentochter die Hand zu küssen pflegt, legte seine Hand aufs Herz, stöhnte und erklärte geradeheraus, wenn sie nicht seine Leidenschaften stillen und ihn nach Brauch und Sitte erhören würde, wäre er zu allem fähig: |
er würde sich ins Wasser stürzen und seine Seele geradeswegs in die Hölle schicken. |
Solocha war nicht so hartherzig; und dann unterhielt der Teufel ja bekanntlich auch mit ihr eine alte Freundschaft. |
Sie liebte es, sich von Anbetern umringt zu sehen, und selten war sie ohne Gesellschaft. Diesen Abend gedachte sie jedoch allein zu verbringen, denn alle angesehenen Bewohner des Dorfes waren zum Weihnachtsschmaus beim Küster geladen. |
Aber es kam alles anders: |
Kaum hatte der Teufel seine Werbung vorgebracht, da vernahmen sie plötzlich ein Klopfen und die Stimme des beleibten Amtmanns vor der Türe. |
Solocha lief hin, um ihm aufzumachen, der flinke Teufel aber sprang hurtig in einen der Säcke. |
Nachdem der Amtmann den Schnee von sich abgeschüttelt und ein Gläschen Schnaps aus Solochas Hand entgegengenommen und ausgetrunken hatte, erzählte er, er sei nicht zum Küster gegangen, denn es habe sich ein Schneegestöber erhoben; da habe er in ihrer Stube Licht gesehen und sei bei ihr eingekehrt, um den Abend mit ihr zu verbringen. |
Kaum aber hatte der Amtmann das gesagt, als an die Türe geklopft wurde und sich die Stimme des Küsters vernehmen ließ. » |
»Versteck mich irgendwo,« flüsterte der Amtmann, »ich möchte jetzt nicht mit dem Küster zusammentreffen. |
Solocha überlegte lange, wo sie einen so dicken Gast verstecken könnte; endlich wählte sie einen der größten Kohlensäcke, schüttete die Kohlen in einen Zuber, und der feiste Amtmann kroch mitsamt seinem Schnurrbart, Kopf und Mütze in den Sack. |
Der Küster kam ächzend und sich die Hände reibend, herein, und erzählte, es sei niemand zu ihm zum Essen gekommen, er sei aber herzlich froh über die Gelegenheit, sich mit ihr unterhalten zu können, und habe sich nicht einmal durch das Schneegestöber davon abhalten lassen. Dann trat er näher auf sie zu, räusperte sich, grinste, tippte mit seinen langen Fingern auf ihren nackten vollen Arm und sagte mit einer Miene, in der Schlauheit und Selbstzufriedenheit lagen: » |
»Was habt Ihr denn da, reizende Solocha? |
Und indem er das sagte, sprang er etwas zurück. |
»Was kann das wohl sein! |
Ein Arm, Ossip Nikiforowitsch! |
antwortete Solocha. |
»Hm! |
Ein Arm! |
rief der Küster herzlich zufrieden über diesen Anfang und ging im Zimmer auf und ab. |
»Und was habt Ihr hier, teuerste Solocha? |
sprach er mit derselben Miene, ging wieder auf sie zu, betappte ihren Hals mit seiner Hand und sprang ganz so wie vorher wieder zurück. |
»Als ob Ihr das nicht seht, Ossip Nikiforowitsch,« erwiderte die Solocha, »mein Hals ist es, und dies hier ist ein Halsband! |
Ein Hals mit einem Halsband! |
und der Küster ging wieder ein paarmal im Zimmer auf und ab und rieb sich die Hände. |
»Und was habt Ihr hier, unvergleichliche Solocha?..... |
Es ist nicht ganz sicher, was der Küster jetzt mit seinen langen Fingern berührt hätte, denn auf einmal ertönte ein Klopfen an der Tür, und die Stimme des Kosaken Tschub ließ sich vernehmen. |
»Oh Gott, ein Fremder! |
rief der Küster erschrocken. » |
»Das soll nur werden, wenn man eine Person meines Standes hier antrifft..... |
Vater Kondrat wird es noch erfahren!...................... |
Aber die Befürchtungen des Küsters lagen auf anderem Gebiet; am meisten fürchtete er, seine Ehehälfte könnte es erfahren, deren schreckliche Hand ohnehin aus seinem dicken Priesterzopfe ein dünnes Mauseschwänzchen gemacht hatte. » |
»Um Gottes willen, tugendhafte Solocha!« sprach er, am ganzen Leibe zitternd. » |
»Eure Güte, wie es im Evangelium Lucae heißt, Kapitel dreiz.... |
Versteckt mich doch nur irgendwo! |
Solocha schüttete die Kohlen aus noch einem Sack in den Zuber, und der nicht besonders umfangreiche Küster kroch hinein und kauerte sich ganz am Boden des Sacks zusammen, so daß man noch einen halben Sack voll Kohlen über ihn hatte ausschütten können. |
»Grüß Gott, Solocha! |
sagte Tschub, der jetzt in die Stube trat. » |
»Du hast mich vielleicht nicht erwartet, was? |
Nicht wahr, du hast mich nicht erwartet? |
Vielleicht störe ich? |
fuhr Tschub fort und ließ auf seinem Gesichte eine verschmitzte und vielsagende Miene sehen, aus der man von vornherein erkennen konnte, wie sehr sein schwerfälliger Kopf sich abmühte, etwas recht Spitzes und Schelmisches zu sagen. » |
»Vielleicht hast du dir gerade mit jemandem die Zeit vertrieben. |
Vielleicht hast du doch jemanden versteckt, was? |
Und entzückt über diese Bemerkung brach Tschub in ein Gelächter aus, innerlich darüber triumphierend, daß nur er allein Solochas Gunst genieße. » |
Ich glaube, mir ist die Kehle ganz eingefroren von der verfluchten Kälte. |
Mußte uns Gott gerad zu Weihnachten solch eine Nacht schicken! |
Was das für ein Schneetreiben war! hörst du, Solocha, was das für ein Schneetreiben war..... |
Mir sind die Hände ganz steif geworden: |
ich kann nicht einmal den Pelz aufknöpfen! |
Wie das Schneegestöber losging..... |
ertönte in diesem Augenblick eine Stimme von der Straße her, die von einem Stoß gegen die Tür begleitet wurde. |
»Es klopft jemand,« sagte Tschub und hielt inne. |
schrie es noch lauter. |
»Das ist der Schmied! |
rief Tschub und griff rasch nach der Mütze. » |
»Hörst du Solocha, versteck mich, wo es auch sei, um keinen Preis der Welt will ich mich hier vor dieser gottverdammten Mißgeburt sehen lassen. Diesem Satanskind sollen doch gleich unter beiden Augen Blasen anlaufen: so groß wie zwei Heuschober! |
Solocha erschrak gleichfalls und rannte umher, als ob sie nicht ganz gescheit wäre. Ohne sich viel zu besinnen, machte sie Tschub ein Zeichen, er solle in denselben Sack hineinkriechen, in dem bereits der Küster steckte. |
Der arme Küster konnte nicht einmal durch Husten oder Ächzen seinen Schmerz kundgeben, als sich der schwere Mann ihm beinah auf den Kopf setzte und ihm seine hartgefrorenen Stiefel gegen die Schläfen drückte. |
Der Schmied trat ein und ließ sich, ohne ein Wort zu reden, und ohne die Mütze abzunehmen, auf eine Bank sinken. |
Er war ersichtlich schlechter Laune. Zur selben Zeit, als Solocha die Tür hinter ihm zumachte, ertönte ein neues Klopfen. Es war der Kosak Swerbygus. |
Aber den hätte man schon nicht mehr in einem Sack verstecken können, denn ein solcher Sack war nirgends mehr zu finden. |
Er war noch beleibter als selbst der Amtmann und höher von Wuchs als Tschubs Gevatter. |
Daher führte ihn Solocha in den Gemüsegarten, um alles von ihm zu hören, was er ihr zu sagen hatte. |
Der Schmied blickte zerstreut in alle Winkel seiner Stube und lauschte ab und zu den weit vom Dorfe herüber hallenden Liedern der Sänger; endlich blieben seine Augen an den Säcken haften. » |
»Wozu liegen diese Säcke hier? |
Man hätte sie schon längst wegräumen sollen. |
Die dumme Liebe hat mich ganz wirr gemacht. |
Morgen ist Feiertag, und in der Stube liegt noch immer aller mögliche Plunder herum. |
Ich trage sie gleich in die Schmiede! |
Der Schmied kauerte sich neben den riesigen Säcken hin, band sie fest zusammen und machte sich daran, sie auf seine Schultern zu heben. |
Aber es war ersichtlich, daß seine Gedanken Gott weiß wo herumspazierten; sonst hätte er hören müssen, wie Tschub keuchte, als ihm das Haar auf dem Kopfe vom Strick festgeklemmt wurde, und wie der feiste Amtmann ziemlich deutlich den Schlucken bekam. |
»Will mir diese abscheuliche Oxana denn gar nicht aus dem Sinne? |
sprach der Schmied. »Ich will nicht an sie denken; und doch kreisen meine Gedanken, immerfort und wie zu Fleiß allein um sie. |
Wie kommt es, daß man wider Willen an etwas denken muß? |
Verflucht! Die Säcke scheinen ja schwerer geworden zu sein! |
Sicher hat man zu den Kohlen noch etwas hinein gestopft. |
Ich vergesse ja ganz, daß mir jetzt doch alles schwerer erscheint. |
Früher konnte ich mit einer Hand eine Fünfkopekenmünze und ein Hufeisen zusammen- und wieder auseinanderbiegen, und jetzt kann ich nicht einmal mehr ein paar Kohlensäcke aufheben. |
Bald wird mich noch ein Windhauch umblasen..... |
Nein!« rief er nach einem kurzen Schweigen und faßte Mut. »Was bin ich doch für ein Frauenzimmer! |
Ich erlaube niemandem, über mich zu lachen! |
Und wenn es auch zehn solche Säcke wären, -- ich trag sie alle weg! |
Und rüstig warf er sich die Säcke über die Schultern, diese Säcke, die nicht einmal zwei kräftige Männer hätten aufheben können. » |
»Ich nehme auch den da noch mit,« fuhr er fort und hob den kleinen Sack in die Höhe, auf dessen Boden der Teufel zusammengekauert lag. » |
»Da hab ich meine Werkzeuge hineingetan. |
Mit diesen Worten verließ er das Haus, und vor sich her summte er das Liedchen: |
»Ach vom Weibe sollt ich lassen! |
Immer lauter und lauter erklangen die Lieder und das Gelächter auf den Straßen. |
Den Scharen der umherziehenden Leute schlossen sich auch noch solche an, die aus den kleineren Nachbardörfern herbeigekommen waren. |
Die Burschen tobten umher und verübten nach Herzenslust allerhand Streiche. |
Oft auch klang in die Weihnachtsgesänge ein lustiges Liedchen hinein, das einer der jungen Kosaken eben erst verfaßt hatte. |
Oder plötzlich sang einer aus der Menge statt eines Weihnachtsliedes ein Silvesterliedchen und brüllte aus vollem Halse: |
Silvester, Bester! |
Will lecken 'nen Wecken! |
Will papfen 'nen Krapfen! |
Will Wurst nach'm Durst! |
Lautes Lachen belohnte den Spaßvogel. |
Die kleinen Fenster wurden zurückgeschoben, und die dürren Arme einer alten Frau, die allein mit den würdigen Vätern des Hauses daheimgeblieben war, streckten sich, mit einer Wurst oder einem Stück Kuchen in der Hand, hervor. |
Die Burschen und Mädchen hielten um die Wette ihre Säcke unter und fingen die Beute auf. |
An einer andern Stelle umringte ein Haufen von jungen Burschen mehrere Mädchen. |
Da gab es Lärm und Geschrei; der eine warf einen Schneeball, und ein anderer raubte einen Sack, der mit allerhand Kram angefüllt war. |
Wieder an einer anderen Stelle haschten Mädchen nach einem Burschen, sie stellten ihm ein Bein, und er flog mitsamt seinem Packen Hals über Kopf zu Boden. |
Es schien, als ob sie die ganze Nacht hindurch in toller Lust verbringen wollten. |
Die Nacht war, wie mit Absicht, so herrlich und milde! |
Und noch heller und weißer erschien der Mondschein vom Leuchten des Schnees! |
Der Schmied machte mit seinen Säcken halt. |
Er glaubte die Stimme und das feine Lachen Oxanas in der Mädchenschar vernommen zu haben. |
Er fühlte, wie ihm ein Schauder durch alle Adern rann, warf die Säcke zu Boden, so daß der Küster im Sack aufstöhnte und der Amtmann aus vollem Halse aufschluckte, und schloß sich mit dem kleinen Sack über der Schulter dem Haufen der Burschen an, die hinter der Schar der Mädchen herzogen, in der er die Stimme Oxanas vernommen zu haben glaubte. |
»Sie ist es! |
Steht da wie eine Zarin, und ihre schwarzen Augen leuchten. |
Ein stattlicher Bursch erzählt ihr etwas; sicher etwas Ergötzliches, denn sie lacht. |
Und unwillkürlich und ohne zu begreifen, wie es geschah, drängte sich der Schmied durch die Menge hindurch und stellte sich an ihre Seite. |
»Ah, Wakula, du bist hier! |
rief die Schöne mit jenem Lächeln, das Wakula beinah wahnsinnig machte. » |
»Nun, hast du dir viel ersungen? |
He, was hast du denn da für einen kleinen Sack bei dir! |
Und die Stiefelchen der Zarin? hast du mir die schon gekriegt? |
Schaff mir die Stiefelchen, so heirate ich dich |
Und lachend lief sie mit einem Trupp Mädchen davon. |
Der Schmied stand wie angewurzelt auf einem Fleck. » |
»Nein, ich kann nicht; ich hab keine Kraft mehr |
rief er endlich. » |
»Himmel Herrgott, warum ist sie nur so verteufelt schön? |
Ihr Blick, ihre Rede, alles brennt in mir, glüht und brennt! Nein, ich kann mich nicht mehr überwinden. Es muß ein Ende gemacht werden. |
So geh denn zugrunde, meine Seele! |
Ich will mich in einem Eisloch ertränken, dann ist alles aus! |
Er eilte entschiedenen Schritts voraus, holte die Mädchen ein, erreichte Oxana und rief mit fester Stimme: » |
»Leb wohl, Oxana! |
Suche dir einen Bräutigam, wie du ihn haben magst, halte zum Narren, wen du willst; mich wirst du nie mehr auf der Welt erblicken. |
Die Schöne schien erstaunt und wollte etwas sagen, aber der Schmied wehrte mit der Hand ab und rannte davon. |
»Wohin, Wakula? |
schrien die Burschen, als sie den Schmied davonlaufen sahen. |
»Lebt wohl, Brüder! |
rief ihnen der Schmied zu. » |
»Wenn Gott will, sehn wir uns in jener Welt wieder, in dieser werden wir uns nie mehr zusammenfinden. |
Lebt wohl! Gedenkt meiner nicht in Bösem! |
Sagt dem Vater Kondrat, er möge eine Totenmesse für meine sündige Seele lesen. |
Ich weiß es, ich bin schuldig und habe die Kerzen an den Bildern des heiligen Wundertäters und der Mutter Gottes nicht bemalt, ich war zu sehr in irdischen Dingen befangen. |
Mein ganzes Hab und Gut und alles, was sich in meinem Kasten findet, vermach' ich der Kirche. |
Nach diesen Worten lief der Schmied mit dem Sacke auf dem Rücken weiter! |
»Eine verlorene Seele! |
murmelte fromm eine vorübergehende Alte. » |
»Ich muß doch gleich herumgehen und allen erzählen, wie sich der Schmied erhängt hat! |
Unterdessen lief Wakula durch die Straßen; endlich blieb er stehen, um Luft zu schöpfen. » |
»Wohin renne ich eigentlich so? |
dachte er. »Als ob wirklich alles verloren wäre. |
Ich will noch das letzte Mittel versuchen. |
Ich gehe zum Saporoger, zu Patzjuk Schmerbauch. |
Der soll doch alle Teufel in der Welt kennen und alles machen können, was er will. |
Ich geh zu ihm, meine Seele ist ja ohnehin verloren! |
Der Teufel, der lange regungslos dagelegen war, hüpfte im Sack vor Freude; der Schmied aber glaubte, er selbst hätte den Sack irgendwie mit der Hand berührt und diese Bewegung hervorgerufen, schlug mit seiner mächtigen Faust auf den Sack, rüttelte ihn und begab sich zu Patzjuk Schmerbauch. |
Dieser Schmerbauch Patzjuk war in der Tat vormals ein Saporoger Kosak gewesen; aber niemand wußte, ob er aus der Gemeinschaft vertrieben oder von selbst davongelaufen war. |
Er lebte schon seit langem in Dikanka, vielleicht an die zehn oder gar fünfzehn Jahre. |
Zuerst führte er den Lebenswandel eines echten Saporogers: |
arbeitete nicht, schlief dreiviertel des Tages, aß wie sechs Drescher und trank einen ganzen Eimer voll auf einen Zug; übrigens hatte der auch bequem Platz, denn obwohl Patzjuk klein von Statur war, war er doch recht stark in die Breite gegangen. |
Dazu trug er so weite Pluderhosen, daß seine Beine, so lang er auch ausschreiten mochte, kaum zu sehen waren, und daß es den Eindruck machte, als ob sich eine Branntweinkufe die Straße entlang bewege. |
Daher mochte wohl auch sein Spitzname Schmerbauch stammen. |
Noch waren keine vierzehn Tage seit seiner Ankunft im Dorfe verstrichen, da wußte schon jedermann, daß er ein Hexenmeister sei. |
Hatte jemand irgend eine Krankheit, sogleich wurde Patzjuk gerufen, Patzjuk brauchte nur ein paar Worte zu murmeln und das Gebrechen war wie mit der Hand weggewischt. |
Oder geschah es, daß einem unmäßigen Edelmann eine Fischgräte in der Kehle stecken geblieben war, so verstand es Patzjuk, den Rücken des Herrn so geschickt mit der Faust zu beklopfen, daß die Gräte den rechten Weg einschlug, ohne der adligen Kehle auch nur den leisesten Schaden zuzufügen. |
In der letzten Zeit hatte man ihn wenig gesehen. |
Der Grund davon lag vielleicht in seiner Faulheit, vielleicht aber auch in dem Umstande, daß es ihm mit jedem Jahre schwerer wurde, durch die Tür zu kommen. |
Und so mußten denn die Leute zu ihm in sein Haus kommen, wenn sie seiner bedurften. |
Nicht ohne Furcht öffnete der Schmied die Tür und erblickte Patzjuk, der wie ein Türke auf dem Boden und vor einem kleinen Fasse saß, auf dem eine Schüssel mit Klößen stand. |
Diese Schüssel stand wie mit Absicht gerade vor seiner Nase. |
Ohne auch nur einen Finger zu rühren, neigte er bloß den Kopf leise über die Schüssel und schlürfte die Brühe ein, ab und zu schnappte er auch mit den Zähnen nach einem Kloß. |
»Nein,« dachte Wakula bei sich, »der da ist noch fauler als Tschub: |
jener ißt doch wenigstens noch mit einem Löffel, dieser aber mag nicht einmal die Hand aufheben! |
Patzjuk war sicherlich mächtig mit seinen Klößen beschäftigt, denn er schien das Kommen des Schmiedes gar nicht bemerkt zu haben; kaum aber war dieser über die Schwelle getreten, so machte er eine tiefe Verbeugung. |
»Ich komme zu Euer Gnaden, Patzjuk! |
sagte Wakula und verbeugte sich von neuem. |
Der dicke Patzjuk erhob den Kopf und begann wieder die Kloßbrühe zu schlürfen. |
»Die Leute sagen, -- nimm es mir nicht übel..... |
sagte der Schmied, indem er sich selbst Mut zusprach, »ich sag's nicht, um dich zu beleidigen -- die Leute sagen, du bist mit dem Teufel verschwägert! |
Kaum hatte Wakula diese Worte gesprochen, so erschrak er schon, denn er dachte, er hätte sich zu eindeutig ausgedrückt und die herben Worte nicht genügend gemildert. Er erwartete, daß Patzjuk das Faß mitsamt der Schüssel packen und ihm an den Kopf werfen würde; darum wich er etwas zur Seite und hielt sich den Arm vor, damit die heiße Kloßbrühe ihm nicht das Gesicht bespritze. |
Aber Patzjuk blickte ruhig vor sich hin und aß weiter. |
Der Schmied entschloß sich ermutigt, fortzufahren: » |
»Ich komme zu dir, Patzjuk; Gott schenke Dir viel Reichtum, gebe dir alles in Hülle und Fülle, und auch Brot in Proportion! |
Der Schmied verstand es sehr wohl, ab und zu ein neumodisch Wörtchen in seine Rede einzuflechten. Das hatte er sich während seines Aufenthaltes in Poltawa angewöhnt, als er den Bretterzaun des Hauptmanns tünchte. » |
»Ich armer Sünder muß zugrunde gehen!! |
Nichts in der Welt kann mir mehr helfen! |
Komme, was kommen mag. Es bleibt mir nichts mehr übrig, als den Teufel selbst um Beistand zu bitten. |
Also, Patzjuk,« rief der Schmied, als er bemerkte, daß jener unerschütterlich schwieg, »was soll ich anfangen! |
»Wenn du den Teufel brauchst, so scher dich doch auch zum Teufel! |
antwortete Patzjuk, richtete nicht einmal die Augen auf ihn, und fuhr fort, seine Klöße zu vertilgen. |
»Deshalb komme ich ja eben zu dir,« erwiderte der Schmied mit einer Verbeugung, »außer dir, glaube ich, weiß niemand den Weg zu ihm. |
Patzjuk sprach kein Wort -- und aß seine Klöße zu Ende. » |
»Erbarm dich, guter Mensch, schlag mir die Bitte nicht ab! |
drängte der Schmied. »Ob Schweinefleisch oder Wurst, ob Leinewand oder Hirse, -- oder Buchweizenmehl, und alles, was du brauchst..... |
wie es so unter guten Leuten Sitte ist..... |
es soll dir an nichts fehlen. |
Sage mir doch nur so beispielsweise, welcher Weg zu ihm führt? |
»Der braucht nicht weit zu gehen, der den Teufel auf dem Buckel hat,« sprach Patzjuk gleichgültig, ohne seine Stellung zu verändern. |
Wakula starrte ihn an, als stände die Erklärung dieser Worte auf seiner Stirne zu lesen. » |
schien seine Miene stumm zu fragen; und sein halbgeöffneter Mund bereitete sich vor, das erste Wort, das er sagen würde, zu verschlingen wie ein Klößchen. |
Aber Patzjuk schwieg. |
Da merkte Wakula, daß weder Klöße noch ein Faß vor Patzjuk standen; statt dessen aber standen zwei Holzschüsseln auf dem Boden: |
die eine war mit Krapfen, die andere mit Rahm gefüllt. |
Seine Gedanken und seine Augen wandten sich unwillkürlich diesen Gerichten zu. » |
»Sehn wir mal zu, wie Patzjuk die Krapfen essen wird,« sagte er zu sich selbst. » |
»Er wird sich sicher nicht bücken wollen, um sie mit dem Mund einzuschlürfen, wie die Klöße; es geht ja auch gar nicht: |
man muß den Krapfen ja zuerst in den Rahm tunken! |
Doch kaum hatte er dies gedacht, da sperrte Patzjuk seinen Mund weit auf, blickte auf die Krapfen und riß dann den Mund noch weiter auf. |
Da plantschte ein Krapfen aus der Schüssel, fiel klatschend in den Rahm, drehte sich auf die andere Seite, hüpfte hoch empor und fiel ihm stracks in den Mund. |
Patzjuk verzehrte den Krapfen, machte den Mund wieder auf, und mit einem anderen Krapfen geschah dasselbe. |
Er selbst mußte sich nur die Mühe nehmen, zu kauen und ihn zu verschlucken. |
»Potztausend! |
dachte der Schmied und machte vor Verwunderung den Mund weit auf; aber da merkte er, daß auch ihm ein Krapfen in den Mund hineinspazierte, und schon waren seine Lippen mit Rahm beschmiert. |
Der Schmied stieß den Krapfen verwirrt von sich, wischte sich die Lippen und begann darüber nachzudenken, was für Wunder es doch in der Welt gäbe, und bis zu welchen Spitzfindigkeiten des Satans Macht einen Menschen gelangen ließe; und er sagte sich beiläufig, daß nur Patzjuk imstande sei, ihm zu helfen. |
»Ich will mich noch einmal verbeugen, vielleicht sagt er's mir..... |
Morgen ist ja Weihnachten, und er ißt Krapfen -- das ist doch kein Fastenessen! |
Was bin ich doch für ein Dummkopf: steh da und belade mich mit Sünde! |
Und der gottesfürchtende Schmied stürzte aus dem Hause. |
Da aber konnte der Teufel, der im Sack saß und sich schon im Voraus gefreut hatte, vor Angst, es könne ihm eine so großartige Beute entgehen, nicht mehr an sich halten. |
Kaum ließ der Schmied den Sack zu Boden gleiten, so sprang er flugs hinaus und setzte sich rittlings auf seinen Hals. |
Den Schmied überlief es kalt; er erschrak, wurde totenbleich, und wußte einfach nicht, was er tun sollte; schon wollte er sich bekreuzigen..... |
Aber der Teufel neigte sein Hundeschnäuzchen an Wakulas rechtes Ohr und sagte: » |
»Ich bin's, dein Freund; ich werde alles für meinen Kameraden und Genossen tun! |
Ich gebe dir Geld, soviel du willst,« murmelte er ihm ins linke Ohr. » |
»Oxana wird heute noch die Unsere sein,« flüsterte er, sein Maul wieder zum rechten Ohr neigend. |
Der Schmied stand da und sann. » |
»Schön,« sagte er endlich, »um diesen Preis bin ich bereit, dir anzugehören! |
Der Teufel schlug die Hände zusammen und begann vor Freude auf dem Halse des Schmiedes auf und ab zu hüpfen. » |
»Jetzt habe ich den Schmied! |
dachte er bei sich. »Gut, mein Täubchen, du sollst mir all deine Malereien und Schmierereien, mit denen du den Teufel verspottet hast, bezahlen! |
was werden meine Genossen dazu sagen, wenn sie erfahren, daß der frömmste Mann des Dorfes in meinen Händen ist? |
Und der Teufel lachte und stellte sich vor, wie er in der Hölle die geschwänzte Rotte necken werde; und wie der hinkende Teufel, der als Meister aller satanischen Streiche galt, Wut schnauben würde. |
»Na Wakula! |
piepste der Teufel, der den Hals des Schmiedes immer noch nicht verlassen hatte, gerade als ob er befürchtete, jener könne ihm entwischen. »Du weißt ja, daß ohne Vertrag nichts unternommen wird. |
»Ich bin bereit! |
sagte der Schmied. » |
»Wie ich gehört habe, unterzeichnet man bei euch die Verträge mit Blut; halt, ich hol mir nur einen Nagel aus der Tasche! |
Dabei griff er mit der Hand nach hinten -- und siehe -- er hatte den Teufel am Schwanze gepackt. |
»Ei ei, du Schäker! |
rief der Teufel lachend, »jetzt aber laß los, genug der Schelmenstreiche! |
»Nein, warte mein Täubchen! |
schrie der Schmied. »Und was sagst du dazu? |
Dabei machte er das Zeichen des Kreuzes, und der Teufel wurde lammstill. » |
»Warte mal!« rief er und zerrte ihn am Schwanze zu Boden. »Ich will dich lehren, ehrliche Leute und anständige Christenmenschen in Sünden zu stürzen. |
Und der Schmied sprang rittlings auf ihn und hob die Hand empor, um das Zeichen des Kreuzes zu machen. |
»Hab Erbarmen, Wakula!« stöhnte der Teufel kläglich. » |
»Ich tue ja alles, was du willst; nur verschone mich; lege mir nur nicht dies furchtbare Kreuz auf. |
»Jetzt singst du schon ein andres Lied, du gottverdammter Welschling du! |
Nun weiß ich, was ich zu tun habe. |
Führe mich sofort im Ritt auf und davon. Hörst du? eile dahin wie ein Vogel! |
rief der Teufel traurig. |
»Nach Petersburg, geradewegs zu der Zarin! |
Aber da erstarrte der Schmied vor Schreck, denn er fühlte, wie er in die Lüfte emporgehoben wurde. |
Noch lange stand Oxana da und dachte an die sonderbaren Reden des Schmieds. |
Schon regte sich etwas in ihrem Innern und raunte ihr zu, sie habe ihn zu hart behandelt. » |
»Und wenn er sich wirklich etwas Schreckliches antut? |
Nichts ist unmöglich! |
Vielleicht verliebt er sich noch am Ende aus Kummer in eine andere und wird sie aus lauter Aerger für die Schönste im Dorfe erklären. |
Aber nein, er liebt mich. |
Ich bin ja auch so schön! |
Er wird mir keine andere vorziehen; er treibt nur Unsinn und tut nur so. |
Es werden noch keine zehn Minuten verstreichen, und er wird wiederkommen, um mich zu sehen. |
Ich bin wirklich zu hartherzig. |
Ich muß mich einmal scheinbar widerwillig von ihm küssen lassen. |
Das wird eine Freude für ihn sein! |
Und die leichtsinnige Schöne fing schon wieder an, mit ihren Freundinnen zu scherzen. |
»Halt!« rief die eine von ihnen, »der Schmied hat seine Säcke vergessen; o schaut nur, was für gräßliche Säcke das sind! |
Er hat ganz andre Geschenke für seinen Gesang bekommen als wir; ich glaube, man hat ihm ein ganzes Viertel von einem Hammel geschenkt, und sicherlich Würste und Brote ohne Zahl. |
Prächtig! |
Da kann man die ganzen Feiertage davon essen. |
»Sind das die Säcke des Schmiedes? |
rief Oxana. » |
»Schleppen wir sie doch zu mir in die Stube und sehn wir zu, was er alles drin hat. |
Alle billigten lachend diesen Vorschlag. |
»Aber wir können sie nicht in die Höhe heben! |
rief auf einmal die ganze Schar, die bemüht war, die Säcke vom Platze zu rücken. |
»Halt,« meinte Oxana, »holen wir einen Schlitten und schleppen wir sie auf dem Schlitten zu mir! |
Und die ganze Schar lief fort, um einen Schlitten zu holen. |
Den Gefangenen wurde indessen in den Säcken die Zeit gewaltig lang, wenn auch der Küster sich ein tüchtiges Loch in den Sack gebohrt hatte. |
Wären keine Leute dagewesen, so hätte er vielleicht auch noch ein Mittel gefunden, herauszukriechen; aber in Gegenwart aller aus dem Sack zu kriechen, sich lächerlich zu machen..... |
dieser Gedanke hielt ihn zurück, und er beschloß daher, zu warten; und nur hie und da stöhnte er unter Tschubs unhöflichen Stiefeln schmerzlich auf. |
Tschub selbst aber sehnte sich nicht minder nach Freiheit, denn er fühlte, daß ein gewisses Etwas unter ihm lag, auf dem ganz grauenhaft unbequem zu sitzen war. |
Sobald er aber vom Entschluß seiner Tochter vernahm, beruhigte er sich und wollte jetzt schon selbst nicht mehr zum Vorschein kommen, denn er dachte daran, daß es bis zu seinem Hause noch mindestens hundert Schritt oder gar noch mehr waren; hätte er aber hinauskriechen wollen, so hätte er seine Kleidung ordnen, den Pelz zuknöpfen, und sich den Gurt umbinden müssen -- welche Arbeit! |
Und dann war auch seine Mütze bei der Solocha geblieben. |
Da sollten ihn doch lieber die Mädel nach Hause fahren! |
Es kam jedoch ganz anders, als Tschub erwartet hatte. |
Während die Mädchen davonliefen, um einen Schlitten zu holen, trat der hagere Gevatter verstört und mißgestimmt aus dem Wirtshaus. Die Schankfrau hatte sich durchaus nicht entschließen können, ihm zu borgen. |
Er wollte im Wirtshause abwarten, ob nicht irgendein frommer Edelmann kommen und ihm was vorsetzen würde; aber wie zum Trotz waren alle Edelleute zu Hause geblieben und verzehrten als ehrliche Christen ihren Weihnachtskuchen inmitten ihrer Familie. |
Wie nun der Gevatter so über die allgemeine Sittenverderbnis und das steinerne Herz des Judenweibs, das den Schnaps feilhielt, nachdachte, stieß er plötzlich auf die Säcke und blieb erstaunt stehen. » |
»Schau, schau, hier hat jemand Säcke auf die Straße geworfen! |
sagte er und sah sich um. »Wahrscheinlich ist Schweinefleisch drin. |
Es gehört doch ein großes Glück dazu, sich so viel zu ersingen! |
Was für riesige Säcke! |
Angenommen selbst, sie wären nur mit Buchweizenbroden und Brezeln gefüllt, das wär' auch gar nicht übel, aber selbst wenn nur einfaches Brot darin wäre, so ließe ich mir auch das gefallen: |
die verfluchte Jüdin gibt ein Achtel Schnaps für jeden Laib. |
Ich will sie rasch fortschleppen, so daß niemand es sieht. |
Da wälzte er sich den einen Sack, gerade den mit Tschub und dem Küster, auf die Schulter, fühlte jedoch, daß er zu schwer sei. » |
»Nein, für mich allein ist der zu schwer,« rief er. »Aber da kommt ja gerad wie gerufen der Weber Schapuwalenko. |
Grüß Gott, Ostap! |
»Guten Abend!« erwiderte der Weber und blieb stehen. |
»Ganz ohne Ziel, wohin mich gerad die Füße tragen. |
»Hilf mir doch die Säcke forttragen, lieber Mensch, da hat jemand seine Weihnachtsgeschenke hergeschleppt und sie mitten auf der Straße hingeschmissen. |
Wir wollen das Gut redlich unter uns teilen. |
»Die Säcke? |
Und was ist drin? Kuchen oder Brot? |
»Ich glaube, es ist von allem etwas drin. |
Sie rissen schnell eine Latte vom Zaun, legten die Säcke darauf und trugen sie auf den Schultern fort. |
»Wohin wollen wir sie tragen? |
Ins Wirtshaus? |
fragte der Weber unterwegs. |
»Ich hab's mir auch gedacht; aber die verdammte Jüdin wird uns am Ende nicht recht trauen, sie wird glauben, wir hätten sie gestohlen, und außerdem komme ich gerade aus dem Wirtshaus. |
Tragen wir den Sack zu mir. |
Niemand wird uns stören: |
meine Frau ist nicht zu Hause. |
»Ist sie auch sicher nicht zu Hause? |
fragte der vorsichtige Weber. |
»Wir sind ja, Gott sei Dank, noch bei vollem Verstande,« sagte der Gevatter, »nur der Teufel könnte mich dorthin bringen, wo sie jetzt ist. |
Ich glaube, sie wird sich bis morgen früh mit den Weibern herumtreiben. |
»Wer ist da? |
rief die Frau des Gevatters, als sie den Lärm hörte, den die beiden Freunde im Flur mit dem Sack machten, und öffnete die Tür. |
Der Gevatter war starr vor Schrecken. |
»Na, da haben wir die Bescherung! |
rief der Weber und ließ die Arme sinken. |
Des Gevatters Frau war so ein Juwel, wie es deren durchaus nicht wenige in der Welt gibt. |
Genau wie ihr Gemahl saß sie fast niemals zu Hause und schmarotzte fast den ganzen Tag lang bei allerhand Basen und wohlhabenden Muhmen umher, schmeichelte sich bei ihnen ein, aß mit vielem Appetit und prügelte sich nur am Morgen mit ihrem Manne herum, denn bloß um diese Tageszeit pflegte sie ihn zuweilen zu sehen. Ihre Hütte war doppelt so alt wie die Pluderhosen des Gemeindeschreibers. |
Das Dach hatte an manchen Stellen gar kein Stroh mehr, und vom Zaun waren nur noch ein paar klägliche Überreste übrig, denn kein Mensch pflegte beim Ausgehen noch einen Stock zur Abwehr der Hunde mitzunehmen, weil jeder hoffte, am Gemüsegarten des Webers vorüberzugehen und sich da einen Knüppel aus seinem Zaun reißen zu können. |
Der Ofen wurde oft drei Tage lang nicht geheizt. |
Alles, was die zärtliche Gattin bei gutherzigen Leuten zu erbetteln pflegte, verbarg sie möglichst vor ihrem Manne, und manchmal nahm sie sogar Sachen als Beute an sich, die ihm gehörten, falls er sie noch nicht in der Schenke versoffen hatte. |
Der Gevatter wollte ihr trotz seiner ewigen Gleichgültigkeit doch nicht nachgeben, daher verließ er auch das Haus fast immer mit ein paar Beulen unter beiden Augen, und die geschätzte Ehehälfte trollte sich ächzend zu ihren alten Weibern, um ihnen von der Lüderlichkeit ihres Mannes und von den Schlägen vorzuklatschen, die sie zu ertragen hatte. |
Man kann sich ausmalen, wie verblüfft der Weber und der Gevatter durch ihr unerwartetes Erscheinen waren. |
Sie ließen den Sack zu Boden sinken, stellten sich vor ihn hin und bedeckten ihn mit ihren Rockschößen; aber schon war es zu spät; des Gevatters Frau hatte den Sack schon erblickt, obwohl ihre alten Augen nur noch schlecht sahen. » |
»Das ist aber fein! |
sagte sie mit einer Miene, in der die Freude eines Habichts aufzuckte. » |
»Das ist fein, daß ihr euch so viel zusammengesungen habt! |
Anständige Leute machen es immer so. Aber nein, ich glaube doch, ihr habt es irgendwo stibitzt. |
Zeigt mir's sofort, hört ihr, zeigt mir sofort, was ihr in eurem Sacke habt! |
»Vielleicht zeigt dir's ein kahlköpfiger Teufel, aber nicht wir,« sagte der Gevatter und stellte sich in Positur. |
»Was geht dich das an? |
sagte der Weber, » wir haben das für unseren Gesang bekommen und nicht du! |
»Nein, du sollst es mir zeigen, du nichtsnutziger Trunkenbold! |
rief die Frau, versetzte dem langaufgeschossenen Gevatter einen Schlag unters Kinn und drängte sich an den Sack heran. |
Jedoch der Weber und der Gevatter verteidigten den Sack tapfer und nötigten sie zum Rückzuge. |
Kaum aber hatten sie Zeit, sich recht zu besinnen, als die Gattin schon mit einem Feuerhaken in der Hand wieder auf den Flur herausgerannt kam. |
Sie schlug ihrem Mann flink mit dem Haken auf die Hände und dem Gevatter übern Rücken, und schon stand sie neben den Säcken. |
»Warum haben wir sie herangelassen? |
rief der Weber, als er wieder zu sich gekommen war. |
»Ja, warum haben wir sie herangelassen! |
Warum hast du sie herangelassen? |
sagte der Gevatter kaltblütig. |
»Ihr habt wohl einen eisernen Ofenhaken! |
sagte der Weber nach kurzem Schweigen, indem er sich den Rücken kratzte. » |
»Meine Frau hat im vorigen Jahr auf dem Jahrmarkt einen Ofenhaken gekauft und ein halb Schock Eier für ihn gegeben: der ist besser...... |
er tut nicht so weh.......! |
Unterdessen stellte die triumphierende Gattin ihr Lämpchen auf den Boden, band den Sack auf und blickte hinein. |
Aber ihre alten Augen, die den Sack doch so gut wahrgenommen hatten, täuschten sie wohl diesmal. » |
»He, da liegt ja ein ganzer Eber! |
rief sie, vor Freude in die Hände klatschend. |
Hörst du, ein ganzer Eber! |
rief der Weber und puffte den Gevatter in die Seite, »du allein hast an allem schuld! |
rief der Gevatter achselzuckend. |
Warum stehen wir auch so ruhig da? |
Nehmen wir ihr doch den Sack ab! |
Der Eber gehört uns! |
rief der Gevatter und rückte vor. |
Seine Gattin griff wieder zum Ofenhaken, aber in diesem Augenblick kroch Tschub aus dem Sack und stellte sich breitbeinig mitten im Flur hin, indem er sich dehnte und reckte, wie ein Mensch, der soeben aus einem langen Schlafe erwacht ist. |
Des Gevatters Frau stieß einen Schrei aus, schlug die Hände zusammen, und alle miteinander sperrten unwillkürlich die Mäuler auf. |
»Was faselt sie da von einem Eber, diese Närrin! |
Das ist doch kein Eber,« sagte der Gevatter, die Augen weit aufreißend. |
»Sieh einer an, was für einen Kerl sie da in den Sack gesteckt haben! |
rief der Weber, vor Schreck zurückweichend. » |
»Sag, was du willst, ich will auf der Stelle platzen, wenn da nicht der Böse seine Hand im Spiel hat. |
Der da kann doch durch kein Fenster, geschweige denn in einen Sack geraten! |
»Das ist ja Gevatter Tschub! |
rief der Gevatter, als er näher zusah. »Und was dachtest du? |
rief Tschub schmunzelnd. » |
»Was? habe ich euch einen Schabernack gespielt? |
Ihr wolltet mich wohl schon gar verspeisen, wie ein Stück Schweinefleisch? |
Wartet nur, ich will euch noch eine Freude bereiten: |
im Sacke liegt noch etwas, wenn das kein Eber ist, so ist's sicher ein Ferkel oder irgendein anderes Vieh. |
Es hat fortwährend unter mir gezappelt. |
Der Weber und der Gevatter stürzten sich auf den Sack, die Hausfrau klammerte sich auf der anderen Seite an ihn und das Gefecht wäre wieder losgegangen, wenn nicht der Küster, der einsah, daß er sich nirgends mehr verbergen konnte, von selbst aus dem Sacke herausgekrochen wäre. |
Die Frau des Gevatters wurde starr wie Stein und ließ den Fuß los, an dem sie den Küster bereits aus dem Sacke ziehen wollte. |
»Also noch einer! |
rief der Weber in heller Angst. »Der Teufel mag wissen, was in der Welt los ist..... |
Der Kopf dreht sich mir im Kreise herum..... |
Weder Würste noch Brot, sondern lauter Menschen wirft man jetzt in die Säcke! |
»Das ist der Küster! |
rief Tschub, der noch mehr erstaunt war, als die anderen. » |
Ei, ei, die Solocha! |
Die Menschen in einen Sack zu stecken..... |
Ich dachte mir gleich: warum ist nur die Stube voller Säcke..... |
Jetzt weiß ich alles: |
bei ihr saßen zwei Kerle in jedem Sacke. |
Und ich glaubte, daß sie mir allein..... |
Ei, ei! diese Solocha! |
Die Mädchen waren einigermaßen erstaunt, als sie den einen Sack nicht mehr fanden. |
»Nun, da ist nichts zu machen, wir werden auch an dem anderen genug haben!« meinte Oxana. |
Alle ergriffen den Sack und wälzten ihn auf den Schlitten. |
Der Amtmann beschloß zu schweigen, denn er bedachte die Folgen, wenn er schrie, man solle den Sack aufbinden; die dummen Mädel würden auseinanderlaufen, würden glauben, im Sacke sitze der Teufel, und er müßte dann vielleicht bis morgen auf der Straße bleiben. |
Indes flogen die Mädchen, Hand in Hand, wie der Sturmwind mit dem Schlitten über den knisternden Schnee. |
Einige von ihnen setzten sich mutwillig auf den Schlitten; und manche setzten sich sogar auf den Amtmann selbst. |
Der Amtmann aber war entschlossen, alles zu ertragen. |
Endlich waren sie angekommen, sie rissen die Türen zum Flur und zur Stube weit auf und schleppten den Sack unter lautem Gelächter hinein. |
»Sehn wir zu, was drin ist,« riefen alle auf einmal und beeilten sich, ihn aufzubinden. |
Da aber wurde der Schlucken, der nicht aufgehört hatte, den Amtmann während der ganzen Zeit seines Aufenthalts im Sack zu quälen, so arg, daß der laut aufzuschlucksen und zu husten begann. |
»Ach, da sitzt ja jemand drin! |
schrien alle, und stürzten erschrocken zur Tür. |
Wohin rennt ihr denn alle, als ob ihr nicht gescheit seid? |
fragte Tschub, der in die Türe trat. |
rief Oxana, »im Sacke sitzt jemand! |
»Der Schmied hat ihn mitten auf die Straße hingeschmissen,« riefen alle zugleich. |
»Na also; hab ich's nicht gleich gesagt?..... |
dachte Tschub bei sich. » |
»Worüber seid ihr so erschrocken? |
Wir wollen doch mal nachsehn. |
Holla, Menschenskind -- nimm's mir nicht übel, daß ich dich nicht bei deinem Vor- und Zunamen rufe -- kriech mal aus dem Sack heraus! |
Der Amtmann kroch heraus. |
riefen die Mädchen. |
»Auch der Amtmann war also dabei,« sprach Tschub verblüfft zu sich, und maß ihn vom Kopfe bis zu den Füßen. »So so?..... |
Hehe!..... |
Mehr konnte er nicht hervorbringen. |
Der Amtmann selbst war nicht minder verlegen und wußte nicht, was er anfangen sollte. » |
»Es ist wohl recht kalt draußen? |
fragte er, zu Tschub gewandt. |
»Ein mächtiges Frostwetter,« antwortete Tschub. » |
»Darf ich dich fragen: womit schmierst du eigentlich deine Stiefel: mit Schmalz oder mit Teer? |
Er hatte natürlich etwas ganz andres sagen wollen, und fragen wollen: » |
»Wieso kommst du, der Amtmann, in den Sack? |
und er wußte selbst nicht, wie es kam, daß er etwas ganz anderes gesagt hatte. |
»Mit Teer ist's besser,« erwiderte der Amtmann. » |
»Leb wohl, Tschub! |
Und er drückte die Mütze in die Stirn und verließ die Stube. |
»Warum habe ich so dumm gefragt, womit er seine Stiefel schmiert! |
rief Tschub, auf die Tür blickend, durch die der Amtmann hinausgegangen war. » |
»Ei, ei, diese Solocha! |
Solch einen Herrn in den Sack zu stecken! |
Dieses Teufelsweib! |
Und ich Dummkopf..... |
Aber wo ist nur der verfluchte Sack geblieben? |
»Ich habe ihn in die Ecke geschmissen, es ist nichts mehr drin,« sagte Oxana. |
»Ich kenne diese Scherze schon. Nichts drin! |
Gib ihn mal her: |
dort sitzt doch noch jemand! |
Schüttelt ihn nur mal ordentlich. Wie? |
Ei, so ein verfluchtes Weibsbild! |
Und dabei ist sie von Aussehen die reinste Heilige, als ob sie noch nie was anderes als Fastenspeisen gekostet hätte......! |
Aber lassen wir Tschub in aller Gemütlichkeit seinen Ärger verpuffen und kehren wir zu dem Schmied zurück; denn es geht gewiß schon in die neunte Stunde. |
Zuerst war's Wakula sehr unheimlich zumute, besonders als er so hoch oben schwebte, daß er unten auf der Erde nichts mehr unterscheiden konnte, und als er wie eine Fliege hart am Monde vorbeigeflogen kam, so daß er, hätte er sich nicht etwas gebückt, den Mond mit der Mütze gestreift hätte. |
Bald darauf faßte er jedoch Mut, und begann wieder über den Teufel zu scherzen. |
Es ergötzte ihn außerordentlich, wie der Teufel jedesmal, wenn Wakula sein Kreuz aus Zedernholz vom Halse nahm und es ihm vor die Nase hielt, niesen und prusten mußte. |
Absichtlich erhob er die Hand, um sich den Kopf zu kratzen, aber der Teufel dachte, er greife nach dem Kreuze und flog noch rascher dahin. |
Alles in der Höhe leuchtete hell. |
Die Luft schimmerte durchsichtig in dem sanften silbernen Nebel. |
Alles war klar zu sehen und man konnte sogar wahrnehmen, wie ein Zauberer rittlings auf einem Topfe sitzend an ihnen vorüberjagte, wie die Sterne, zu einem Haufen geballt, Blindekuh spielten, wie ein ganzes Rudel Geister sich gleich Wolken dahin wälzte, wie ein im Mondschein tanzender Teufel beim Anblick des daherreitenden Schmiedes die Mütze zog, und wie ein Besen, auf dem offensichtlich soeben eine Hexe zu ihrem Ziel geritten war, heimwärts flog.......! |
Und noch vieles andere und mancherlei böses Gesindel trafen sie auf ihrem Wege. |
Beim Anblick des Schmiedes machten alle halt, um ihn anzusehen, und dann rasten sie zu ihren Verrichtungen weiter; der Schmied flog immer weiter und weiter, und auf einmal leuchtete Petersburg ganz in Feuer gehüllt vor ihm auf. ( |
(Damals fand dort aus irgend einem Anlaß gerade eine Illumination statt.) |
Der Teufel flog über den Schlagbaum hinweg, verwandelte sich in ein Roß, und der Schmied fand sich plötzlich mitten auf der Straße auf einem hitzigen Renner wieder. |
Himmel Herrgott! |
War das ein Lärmen, Rasseln und Funkeln; auf beiden Seiten ragten vier Stockwerk hohe Mauern in die Höhe; das Stampfen der Pferdehufe und das Rollen der Wagenräder hallte donnernd aus allen vier Himmelsrichtungen wider; da schossen Häuser empor und schienen auf Schritt und Tritt der Erde zu entsteigen; Brücken bebten; Equipagen flogen dahin, Kutscher und Vorreiter brüllten; der Schnee pfiff unter den tausenden, von allen Seiten vorbeifliegenden Schlitten; die Fußgänger drückten sich ängstlich an die Häuser, die mit Lämpchen übersät waren; und ihre riesigen Schatten huschten über die Wände und reichten mit den Köpfen bis an die Dächer und Schornsteine. |
Voller Staunen sah sich der Schmied nach allen Seiten um. |
Es schien ihm, als ob alle diese Häuser ihre zahllosen Feueraugen auf ihn richteten und ihn anschauten. |
Soviel feine Herren in ihren mit Tuch überzogenen Pelzen erblickte er, daß er nicht wußte, vor wem er zuerst die Mütze ziehen sollte. » |
»O Gott, wieviel Herrschaften es hier gibt! |
dachte der Schmied. » |
»Ich glaube, hier ist jeder, der einem auf der Straße in einem Pelz begegnet, Assessor und wieder Assessor! |
Und die, die in diesem wunderbaren Wagen mit Glasscheiben dahinfahren, sind, wenn nicht Bürgermeister, so doch sicherlich Kommissäre oder vielleicht sogar noch mehr. |
Hier wurden seine Betrachtungen durch eine Frage des Teufels unterbrochen: » |
»Soll ich gradeswegs zur Zarin? |
»Nein, ich habe Angst!« dachte der Schmied. » |
»Ich weiß nicht, hier sind doch irgendwo die Saporoger Kosaken abgestiegen, die im Herbst durch Dikanka gekommen sind. |
Sie fuhren mit einem Schreiben zur Zarin; nicht übel wäre es, sie um Rat zu fragen. |
He, Satan! kriech mir in die Tasche und führe mich zu den Saporogern! |
Im Nu magerte der Teufel ab und wurde so klein, daß er ohne Müh zu ihm in die Tasche hineinhüpfen konnte. |
Noch bevor Wakula sich umzusehen vermochte, stand er schon vor einem riesigen Hause und, ohne selbst zu wissen wie, stieg er die Treppe empor, machte die Türe auf und prallte ein wenig zurück vor dem blendenden Glanze, als er das geschmückte Gemach erblickte; doch er faßte wieder etwas Mut, als er die Saporoger erkannte, die durch Dikanka gekommen waren, und die nun auf seidenen Sofas saßen: mit geteerten Stiefeln an den übereinandergeschlagenen Beinen, und den allerstärksten Tabak rauchten, jenen Tabak, den man gewöhnlich Wurzeltabak nennt. |
»Grüß Gott, Herrschaften! |
Helf euch Gott! |
Wo wir uns wiedersehn! |
sprach der Schmied, trat näher und verbeugte sich tief bis zur Erde. |
»Was ist das für ein Mensch? |
fragte der dem Schmied zunächst Sitzende einen andern, der etwas abseits saß. |
»Habt ihr mich nicht wiedererkannt? |
rief der Schmied. »Ich bins ja, der Schmied Wakula! |
Als ihr im Herbst durch Dikanka kamt, da wart ihr ja zwei Tage lang bei mir zu Gaste, Gott schenke euch Gesundheit und langes Leben. |
Ich hab euch doch noch damals einen neuen Reifen ans Vorderrad eures Wagens geschlagen! |
rief da der Saporoger, »das ist ja derselbe Schmied, der so großartig malt. |
Gott zum Gruß, Landsmann! Was führt dich hierher? |
»Ich wollte mich nur ein wenig umsehen..... Man sagt ja..... |
»Nun, Landsmann,« rief der Saporoger wichtig und da er zeigen wollte, daß er nicht bloß seine Kosaken-Mundart, sondern auch reinstes Russisch sprechen konnte, sagte er: »Eine gewoltige Stadt, wie? |
Der Schmied wollte sich auch nicht bloßstellen und als Neuling zeigen, außerdem verstand er sich auch selbst auf die Schriftsprache, wie wir bereits oben zu bemerken Gelegenheit hatten, und so antwortete er ruhig: » |
»Eine mächtige Goubernie! |
Hier gibt's unstreitig große Häuser, und meisterhafte Bilder hängen darin. |
Gar viele Häuser sind mit köstlichen Lettern aus Blattgold bemalt. |
Als die Saporoger den Schmied so frei sich ausdrücken hörten, bekamen sie die günstigste Meinung von ihm. |
»Wir wollen uns später weiter unterhalten, Landsmann: Jetzt müssen wir gleich zur Zarin fahren. |
O seid so lieb, meine Herren, nehmt mich auch mit! |
rief der Saporoger in einem Ton, wie etwa ein Kinderwärter zu seinem vierjährigen Zögling redet, der bittet, ihn auf ein großes Pferd zu setzen. |
»Was willst du denn dort? |
Nein, das geht nicht. |
Dabei nahm sein Gesicht eine wichtige Miene an. » |
»Wir müssen mit der Zarin über unsere eigenen Angelegenheiten reden, Bruder! |
drängte der Schmied. » |
»Bitte du sie! |
flüsterte er dem Teufel leise zu, indem er mit der Faust auf seine Tasche schlug. |
Kaum aber hatte er das gesagt, als ein anderer Saporoger ausrief: » |
»Nehmen wir ihn doch wirklich mit, Brüder! |
»Uns ist's recht, nehmen wir ihn mit! |
sprachen die Anderen. |
»So leg ein Kleid an, wie wir es tragen. |
Der Schmied beeilte sich, einen grünen Schupan anzuziehen, als auf einmal die Tür aufging und ein Mann mit Tressen am Rock eintrat und sagte, es sei die höchste Zeit, abzufahren. |
Dem Schmied war es wieder wunderlich zumute, als er in der riesigen Kalesche dahinfuhr, die auf Sprungfedern hin und her schaukelte; und als die vierstöckigen Häuser auf beiden Seiten an ihm vorbeirannten, und das Pflaster mit Gepolter wie von selbst unter den Füßen der Pferde dahinzurollen schien. |
»O Gott, wie hell es ist! |
dachte der Schmied bei sich, »bei uns ist es nicht einmal am Tage so hell! |
Die Wagen hielten vor einem Palaste. |
Die Saporoger stiegen aus, traten auf den prächtigen Vorplatz und begannen die blendend beleuchtete Treppe hinaufzusteigen. |
»Was für eine Treppe! |
flüsterte der Schmied vor sich hin, »es wäre doch schade, mit den Füßen drauf zu treten. |
Welch ein Schmuck! |
Und da sage noch einer: die Märchen lügen! |
Wahrlich, die lügen nicht! |
O Gott, mein Gott, was für ein Geländer! |
Was für eine Arbeit! |
Da hat man allein fürs Eisen mindestens fünfzig Rubel ausgegeben! |
Oben angelangt, durchschritten die Saporoger den ersten Saal. |
Scheu folgte ihnen der Schmied, voller Angst, er könnte bei jedem Schritt auf dem Parkett ausgleiten. |
Drei Säle durchschritten sie und der Schmied war noch immer nicht aus seiner Verwunderung herausgekommen. |
Wie sie in den vierten Saal traten, ging er unwillkürlich an ein Gemälde heran, das an der Wand hing. |
Es war ein Bild der heiligen Jungfrau mit dem Sohne auf dem Arm. |
»Was für ein Bild! |
Was für eine wunderbare Malerei! |
dachte er und stellte seine Betrachtungen an. »Es sieht aus, als wollte es reden! |
Wie es die Händchen faltet und lächelt, das Ärmste! |
Und diese Farben! |
O Gott! Welche Farben! |
Da hat man wohl auch nicht für eine Kopeke Ocker gebraucht, glaub ich, sondern nichts als Karmin und Grünspan. Und wie das Blau leuchtet! |
Eine meisterhafte Arbeit. |
Der Grund ist wahrscheinlich mit dem kostbarsten Bleiweiß angelegt. |
Aber wenn diese Malerei wunderbar ist, so ist doch dieser Messinggriff noch mehr der Bewunderung würdig,« fuhr er fort, indem er an die Tür trat und das Schloß betastete. » |
»Was für eine saubere Arbeit! |
Ich bin sicher, das alles ist von ausländischen Schmieden gemacht und die haben sich sicherlich die höchsten Preise dafür zahlen lassen. |
Der Schmied wäre vielleicht noch lange in seinen Betrachtungen fortgefahren, wenn ihn nicht ein betreßter Lakai am Arm gepufft und ermahnt hätte, nicht hinter den anderen zurückzubleiben. |
Die Saporoger durchschritten noch zwei Säle und machten dann halt. |
Da hieß man sie warten. |
Im Saale standen einige Generäle in goldbestickten Uniformen. |
Die Saporoger verbeugten sich nach allen Seiten und traten zu einer Gruppe zusammen. |
Einen Augenblick später kam, begleitet von einem ganzen Gefolge, ein korpulenter Mann von majestätischer Statur, in Hetmansuniform und mit feinen gelben Stiefeln herein. |
Sein Haar war wirr, das eine Auge schielte etwas, das Gesicht drückte Stolz und Erhabenheit aus, allen seinen Bewegungen merkte man die Gewohnheit, zu befehlen, an. |
Alle Generäle, die in ihren goldenen Uniformen umherstolzierten, gerieten in Bewegung und schienen jedes seiner Worte, ja die leiseste Bewegung von ihm unter tiefen Verbeugungen auffangen zu wollen, um alles schleunigst auszuführen. |
Aber der Hetman achtete nicht einmal darauf, nickte kaum mit dem Kopfe und ging auf die Saporoger zu. |
Sämtliche Saporoger verbeugten sich tief. |
»Seid ihr alle hier? |
fragte er gedehnt und mit etwas näselnder Stimme. |
»Alle, alle miteinander, Väterchen! |
antworteten die Saporoger und verbeugten sich von Neuem. |
»Vergeßt nicht, zu reden, wie ich's euch gelehrt habe! |
»Nein, Väterchen, wir werden's nicht vergessen! |
fragte der Schmied den einen Saporoger. |
»Der Zar? Warum nicht gar! |
Das ist doch Potemkin in eigener Person!« antwortete jener. |
Im Nebenzimmer wurden Stimmen laut, und der Schmied wußte nicht, wo er seine Augen lassen sollte, soviel Damen in Atlaskleidern mit langen Schleppen und Höflinge in goldgewirkten Kaftans und mit steifen Zöpfchen traten jetzt herein. |
Er sah nur ein Aufleuchten -- sonst nichts. |
Auf einmal fielen alle Saporoger zu Boden und schrien wie ein Mann: » |
»Gnade, Mütterchen! |
Der Schmied, der schon gar keine Ahnung mehr hatte, was da eigentlich vorging, streckte sich in seinem Eifer auch lang auf den Boden hin. |
»Steht auf!« erklang über ihnen eine gebieterische, aber zugleich angenehme Stimme. |
Einige Höflinge gaben den Saporogern geschäftig ein paar Rippenstöße. |
»Wir stehen nicht auf, Mütterchen! |
Wir wollen nicht aufstehen! |
Wir sterben lieber, als daß wir aufstehen! |
schrien die Saporoger. |
Potemkin biß sich auf die Lippen; endlich trat er selbst zu ihnen und flüsterte dem einen Saporoger gebieterisch etwas zu. |
Die Saporoger erhoben sich sofort. |
Da wagte es auch der Schmied, den Kopf zu erheben und erblickte eine -- etwas beleibte -- Frau von mittlerer Größe vor sich; sie war gepudert, hatte blaue Augen und jene erhaben lächelnde Miene, die es so gut verstand, sich alles untertan zu machen, und nur einem königlichen Weibe angehören konnte. |
»Durchlaucht haben mir versprochen, mich heute mit meinem Volke bekannt zu machen, das ich bisher noch nicht gesehen habe,« sprach die Dame mit den blauen Augen, während sie die Saporoger neugierig musterte. » |
»Seid ihr hier gut aufgehoben? |
Die Kost ist gut, obwohl die Hammel hier lange nicht so gut sind -- wie bei uns daheim -- aber es läßt sich leben!..... |
Potemkin runzelte die Stirn, als er sah, daß die Saporoger keineswegs sagten, was er sie gelehrt hatte..... |
Ein Saporoger gab sich nun ein Ansehen und trat vor: » |
»Erbarmen, Mütterchen! |
Womit hat dein treues Volk dich erzürnt? |
Haben wir etwa dem heidnischen Tatarenvolke beigestanden, haben wir gemeinsame Sache mit den Türken gemacht, haben wir dir in Wort oder Tat die Treue gebrochen? |
Womit haben wir deine Ungnade verdient? |
Erst hörten wir, du ließest überall Festungen gegen uns bauen; nachher vernahmen wir, du wollest Scharfschützen aus uns machen; jetzt hören wir von neuem Unheil. |
Welche Schuld trifft das Heer der Saporoger? |
Ist's etwa die, daß sie deine Armee über den Perekop geführt und deinen Generälen geholfen haben, die Männer der Krim niederzuwerfen?..... |
Potemkin schwieg und putzte mit einem kleinen Bürstchen lässig die Brillanten, mit denen seine Hände besät waren. |
»Was wünscht ihr also? |
fragte Katherina freundlich. |
Die Saporoger sahen einander vielsagend an. |
»Jetzt ist's Zeit! |
Die Zarin fragt, was wir wünschen,« sagte der Schmied zu sich selbst, und auf einmal stürzte er zu ihren Füßen nieder. |
»Eure kaiserliche Hoheit, straft mich nicht, sondern schenkt mir Eure Gnade! |
Mögen meine Worte Eure kaiserliche Hoheit nicht erzürnen: woraus sind die Schuhe gemacht, in denen Eure Füßchen stecken? |
Ich glaube, kein Schuster in der Welt vermag je wieder solche Schuhe zu machen. O Gott! |
Wenn mein Frauchen nur solche tragen könnte! |
Die Kaiserin brach in Lachen aus. |
Die Höflinge lachten ebenfalls. |
Potemkin ärgerte sich, aber er lächelte gleichfalls. |
Die Saporoger glaubten, der Schmied sei verrückt geworden und begannen ihm Rippenstöße zu geben. |
»Steh auf! |
sagte die Kaiserin freundlich. » |
»Du willst durchaus solche Schuhe haben? Nun wohl, das hat keine Schwierigkeiten. |
Bringt ihm sofort die kostbarsten, mit Gold bestickten Schuhe. |
Wahrlich, diese Einfalt gefällt mir sehr! |
Da habt Ihr,« fuhr die Kaiserin fort, indem sie ihre Augen auf einen abseits stehenden Herrn mit einem vollen aber ein wenig bleichen Gesicht richtete, dessen bescheidener Kaftan mit den großen Perlmuttknöpfen erkennen ließ, daß er nicht zu den Höflingen gehörte, »da habt Ihr ein Sujet, das Eurer geistvollen Feder würdig ist! |
»Majestät sind allzu gnädig. |
Dazu bedürfte es mindestens eines Lafontaine! |
erwiderte der Mann mit den Perlmutterknöpfen, der Dichter Von Wisin, indem er sich verneigte. |
»Auf Ehre und Gewissen: ich muß sagen: |
ich bin jetzt noch von Eurem »Brigadier« in hellem Entzücken. |
Ihr lest aber auch ganz wunderbar vor. |
Dann wandte sich die Kaiserin wieder dem Saporoger zu. »Ihr habe übrigens gehört, bei Euch in der Ssjetsch soll kein Kosak heiraten dürfen! |
»Was sagst du, Mütterchen! |
Du weißt doch selbst: kein Mensch kann ohne ein Frauchen leben,« antwortete der Saporoger, mit dem der Schmied gesprochen hatte, und der Schmied mußte staunen, als er hörte, daß dieser Saporoger, der die Schriftsprache so gut beherrschte, gerade, wie absichtlich, mit der Zarin in der gröbsten Mundart redete, jener Mundart, die man gewöhnlich die Bauernsprache nennt. » |
»Schlaue Leutchen! |
dachte er bei sich, »sicher tut er es nicht ohne Absicht. |
»Wir sind doch keine Mönche,« fuhr der Saporoger fort, »wir sind ja nur sündige Menschen. |
Wir sind, wie die ganze ehrliche Christenheit, der Fleischeslust verfallen. |
Es gibt nicht wenige unter uns, die Frauen haben, nur wohnen die Frauen nicht in der Ssjetsch. |
Es gibt auch solche, die ihre Frauen im Polenlande und in der Ukraine haben; es gibt aber auch solche, deren Frauen in der Türkei leben. |
Unterdessen hatte man dem Schmied die Schuhe gebracht. |
»O Gott, was für eine Zier! |
rief er freudig und ergriff die Schuhe. » |
»Kaiserliche Hoheit! |
Wenn Ihr solche Schühchen anhabt und darin einhergeht, Euer Gnaden, oder gar noch übers Eis mit ihnen gleiten könnt -- wie müssen da die Füßchen selbst sein? |
Ich glaub', wahr und wahrhaftig, sie sind von reinstem Zucker. |
Die Kaiserin, die in der Tat die zierlichsten und reizendsten Füßchen besaß, mußte lächeln, als sie ein solches Kompliment aus dem Munde eines einfältigen Schmiedes vernahm, der trotz seines braunen Gesichtes in seinem Saporogergewand für einen wirklich schönen Mann gelten konnte. |
Hocherfreut über diese wohlwollende Aufmerksamkeit wollte der Schmied die Zarin schon über alles ordentlich ausfragen: |
ob's wahr sei, daß die Zaren nichts wie Honig und Speck äßen und ähnliches mehr. Da aber fühlte er, wie die Saporoger ihn in die Rippen pufften, und er beschloß, zu verstummen. Und als die Zarin sich den alten Leuten zuwandte und sie über ihr Leben und Treiben in der Ssjetsch auszufragen begann, trat er zur Seite, neigte sich zu seiner Tasche hinab, sagte leise: » |
»Bring mich schnell von hier weg! |
Und auf einmal befand er sich wieder hinter dem Schlagbaum. |
»Ertrunken! |
Bei Gott, er ist ertrunken! |
Ich will mich nicht mehr vom Fleck rühren, wenn er nicht ertrunken ist! |
murmelte die dicke Webersfrau, die mitten auf der Straße in einem Haufen von Weibern stand. |
»Was, ich bin also eine Lügnerin? |
Hab' ich etwa jemandem eine Kuh gestohlen? |
Oder hab' ich jemand böse angesehen, daß ihr mir nicht trauen wollt? |
schrie eine Frau mit violetter Nase und in einem Kosakenkittel, indem sie mit ihren Armen hin und her fuchtelte. » |
»Ich will nie wieder Wasser trinken, wenn die alte Perepertschicha nicht mit eigenen Augen gesehen hat, wie der Schmied sich erhängt hat! |
»Der Schmied hat sich erhängt? |
Eine schöne Bescherung! |
rief der Amtmann, der eben aus dem Hause Tschubs kam; er blieb stehen und drängte sich unter die Keifenden. |
»Sage lieber, du willst keinen Schnaps mehr trinken, du alte Sauftrine du!« antwortete die Webersfrau. » |
»Da müßte man ja gerad' so blöde sein, wie du, um sich aufzuhängen! |
Er ist ertrunken, er ist im Eisloch ertrunken! |
Das weiß ich so gewiß, wie daß du soeben im Wirtshaus gewesen bist.« »Was, du freches Frauenzimmer? |
Sieh mal einer an, was die mir vorwirft! |
entgegnete wütend die Frau mit der violetten Nase. » |
»Du hättest doch lieber das Maul halten sollen, du Weibsstück du! |
Als ob ich nicht wüßte, daß jeden Abend der Küster zu dir kommt! |
Die Webersfrau geriet außer sich. |
Was faselst du da? |
»Der Küster? |
krähte die Frau des Küsters, sich in ihrem Hasenpelz, der mit blauem Nanking bezogen war, an die Streitenden herandrängend. » |
»Ich will dir schon zeigen, was es heißt, so vom Küster zu reden! |
Wer sagt da was vom Küster? |
»Man weiß ja doch, wen der Küster besucht! |
schrie die Frau mit der violetten Nase und zeigte auf die Weberin. |
»Du also bist's, du Hündin«, rief die Frau des Küsters und ging auf die Webersfrau los, »du bist's, du Hexe, die ihn umnebelt und ihn mit Satanskräutern behext, daß er zu dir kommt? |
»Pack dich fort, du Satan! |
sprach die Webersfrau zurückweichend. |
»Sieh mal einer die verdammte Hexe an, du sollst's nicht mehr erleben, daß du deine Kinder jemals wiedersiehst! Du niederträchtiges Weib! |
Und dabei spuckte die Küsterin der Webersfrau gerade in die Augen. |
Die Webersfrau wollte dasselbe tun, aber statt dessen spuckte sie dem Amtmann, der näher an die Streitenden herangekommen war, um alles besser zu hören, in seinen unrasierten Bart. |
»Ah, du garstiges Weibsbild, du! |
rief der Amtmann, wischte sich mit dem Rockschoß das Gesicht ab und schwenkte seine Knute. |
Diese Bewegung veranlaßte alle, schimpfend nach allen Seiten auseinanderzustieben. » |
»So was Ekelhaftes! |
wiederholte der Amtmann und wischte sich wieder ab. » |
»Der Schmied ist also ertrunken! |
O du meine Güte! Was war das für ein großartiger Maler! |
Was für starke Messer, Sensen und Pflüge konnte der schmieden! |
Und wie kräftig der war! |
Ja, ja,« fuhr er nachdenklich fort, »bei uns im Dorfe haben wir wenig solche Leute. |
Ich hab's ja gleich gemerkt, als ich noch in diesem verfluchten Sacke saß, daß der Aermste ganz bedrückt und traurig war. |
Ja, da haben wir nun den Schmied! |
Einst war er, und nun ist er nicht mehr! |
Ich wollte doch gerade noch meine scheckige Stute beschlagen lassen!..... |
Und solcher christlicher Gedanken voll, trottete der Amtmann langsam seinem Hause zu. |
Oxana war ganz bestürzt, als diese Gerüchte zu ihr drangen. |
Sie traute zwar den Augen der Perepertschicha und dem Weibergetratsch nur wenig, denn sie wußte, daß der Schmied fromm genug war, seine Seele nicht ins Verderben zu stürzen. |
Wie aber, wenn er in der Tat mit der Absicht davongegangen war, nie wieder ins Dorf zurückzukehren? |
Schwerlich konnte man wo anders einen so schmucken Burschen finden, wie der Schmied einer war. |
Und dann liebte er sie doch so sehr! |
Er ertrug auch ihre Launen länger als alle anderen.... |
Die Schöne drehte sich die ganze Nacht hindurch unter ihrer Decke von der rechten Seite auf die linke, und von der linken auf die rechte, und konnte doch nicht einschlafen. |
Bald warf sie sich in ihrer berückenden Nacktheit, die das nächtliche Dunkel sogar vor ihr selbst verbarg, hin und her, und schalt laut auf sich, bald verstummte sie, faßte den Entschluß, an nichts mehr zu denken -- und grübelte doch weiter und weiter. |
Sie lag da wie in lohendem Feuer, und gegen Morgen war sie bis über die Ohren in den Schmied verliebt. |
Als Tschub den Tod Wakulas vernahm, ließ er weder Freude noch Trauer erkennen. |
Seine Gedanken waren nur mit einer Sache beschäftigt: |
er konnte Solochas Treubruch nicht vergessen, und ließ sogar im Schlafe nicht davon ab, auf sie zu schimpfen. |
Die Kirche war schon vor Morgengrauen voll von Menschen. |
Die alten Frauen in ihren weißen Kopftüchern und Tuchkitteln standen ganz nahe am Eingang und bekreuzigten sich fromm. |
Vor ihnen standen die adligen Damen in grünen und gelben Jacken, ja manche sogar in blauen Überwürfen, die hinten mit Brokatschleifen versehen waren. |
Die Mädchen, die einen ganzen Laden von aufgewickelten Bändern auf dem Kopfe und ebensoviel Perlenbänder, Kreuze und Dukaten um den Hals trugen, suchten so nahe als möglich an den Altar heran zu kommen. |
Ganz vorne aber standen die Edelleute und die einfachen Bauern mit Schnurrbärten, Haarschöpfen, mit dickem Hals und frisch rasiertem Kinn, die meisten in Mänteln, unter denen ein weißer, oder bei manchen auch ein blauer Kittel hervorguckte. |
Wohin man auch blicken mochte, auf allen Gesichtern spiegelte sich die Feiertagsstimmung wieder. |
Der Amtmann leckte sich schon die Lippen, wenn er an die Wurst dachte, mit der er die Festtage beschließen würde; die Mädel dachten daran, wie sie mit den Burschen auf dem Eise schlittern würden, und die alten Frauen murmelten eifriger denn je ihre Gebete. |
Durch die ganze Kirche konnte man hören, wie der Kosak Swerbygus niederkniete. |
Nur Oxana stand wie abwesend da: |
sie betete und betete doch auch nicht. |
Ihr Herz bestürmten so viele und mannigfaltige Empfindungen, von denen eine immer peinlicher war, als die andere, daß ihr Gesicht nichts wie eine starke Verwirrung ausdrückte, und in ihren Augen zitterten Tränen. |
Die Mädchen konnten natürlich den Grund davon nicht erkennen, und ahnten nicht, daß der Schmied daran schuld war. |
Jedoch der Schmied beschäftigte nicht nur Oxana allein. |
Alle Bewohner des Dorfes fühlten, daß der Feiertag kein rechter Feiertag war, und daß gewissermaßen etwas fehlte. |
Unglücklicherweise war auch der Küster nach seiner Reise im Sack vom Abend vorher noch heiser geworden, und sang seine Lieder mit kaum hörbarer krächzender Stimme; wohl brachte der zugereiste Sänger ein paar prächtige Baßtöne hervor, aber wieviel besser wäre es gewesen, wenn man auch noch den Schmied dagehabt hätte, der jedes Mal, wenn man das »Vaterunser« oder die »Himmlischen Heerscharen« sang, auf den Chor stieg und so schön sang, wie man es sonst nur in Poltawa hören konnte. |
Dazu kam noch, daß er ganz allein sich um das Amt des Kirchenvorstands kümmerte. |
Schon war die Frühmesse zu Ende und nach der Frühmesse war bald auch das Hochamt vorbei...... |
In der Tat, wo war nun der Schmied geblieben? |
Noch rascher fast flog der Teufel in den letzten Stunden der Nacht mit dem Schmied auf dem Rücken heimwärts, und im Nu befand sich Wakula vor seiner Hütte. |
In diesem Augenblick krähte der Hahn. |
»Wohin? |
rief der Schmied und ergriff den Teufel, der ausreißen wollte, am Schwanz. »Halt, Freundchen, das ist noch nicht alles: |
ich hab mich noch nicht bei dir bedankt. |
Und er ergriff eine Gerte und versetzte ihm drei mächtige Hiebe, daß der arme Teufel davonrannte wie ein Bauer, dem der Assessor eben tüchtig eingeheizt hat. |
Und so geschah's, daß der Erzfeind des Menschengeschlechts, statt andere Leute zu foppen, zu versuchen und zu narren, selbst genarrt wurde. |
Hierauf trat Wakula in den Flur seines Hauses, warf sich auf ein Heubündel und schlief bis spät in den Mittag hinein. |
Als er erwachte, erschrak er heftig, denn er sah, daß die Sonne schon hoch am Himmel stand. » |
»Ei, Herrjeh, ich habe ja die Frühmesse und das Hochamt verschlafen!« rief er aus. |
Und der gottesfürchtige Schmied verfiel in eine tiefe Zerknirschung, denn er vermeinte, Gott habe zur Strafe für sein schlimmes Vorhaben, und um seine Seele zu verderben, einen Schlaf auf ihn herabgeschickt, der ihn verhindert habe, an einem so großen Feiertag die Kirche zu besuchen. |
Er beruhigte sich jedoch bald, nachdem er den Beschluß gefaßt hatte, in der künftigen Woche alles dem Popen zu beichten und von da ab ein ganzes Jahr lang täglich fünfzig Kniefälle zu machen. Er blickte in die Stube hinein: es war niemand da. |
Die Solocha war offenbar noch nicht zurückgekehrt. |
Behutsam zog er die Schuhe aus dem Busen, staunte von neuem die kostbare Arbeit an, und wunderte sich über die sonderbaren Ereignisse der vergangenen Nacht; er wusch sich, kleidete sich an, so gut er nur konnte, zog das Gewand an, das er von den Saporogern bekommen hatte, holte seine neue Lammfellmütze mit dem blauen Dach, die er, seit er sie seinerzeit in Poltawa gekauft, noch niemals aufgesetzt hatte, aus der Truhe; holte auch einen neuen, vielfarbigen Gurt hervor, packte alles, zusammen mit einer Nagaika, in ein Tüchlein ein und begab sich gradewegs zu Tschub. |
Tschub machte große Augen, als der Schmied eintrat und wußte nicht, worüber er mehr staunen sollte: |
darüber, daß der Schmied von den Toten auferstanden war, daß er es wagte, zu ihm zu kommen, oder darüber, daß er so stutzerhaft herausgeputzt und wie ein echter und rechter Saporoger angezogen war. |
Noch mehr aber staunte er, als Wakula das Tuch aufband, die funkelnagelneue Mütze nebst einem Gurt, wie man ihn noch niemals im Dorfe gesehen hatte, vor ihm auf den Tisch legte, ihm zu Füßen fiel und flehentlich ausrief: » |
»Hab' Erbarmen, Väterchen! |
Zürne mir nicht! |
Da hast du eine Peitsche: |
schlag zu, soviel deine Seele verlangt. Ich gebe mich selbst in deine Hand, ich bereue ja alles; schlage mich, aber zürne mir nicht. |
Du warst ja vormals meinem seligen Vater wie ein Bruder, ihr habt doch zusammen gegessen und getrunken! |
Nicht ohne heimliche Freude sah Tschub, wie der Schmied, der sich den Teufel um jemand im Dorfe scherte und der Fünfkopekenstücke und Hufeisen mit der Hand zusammendrückte wie Buchweizenflinsen, wie dieser selbe Schmied jetzt zu seinen Füßen lag. |
Um sich nichts zu vergeben, ergriff Tschub die Peitsche und schlug ihn dreimal auf den Rücken. » |
»Nun ist's aber genug, steh auf! |
Hör stets auf die Alten! |
Wir wollen alles vergessen, was zwischen uns vorgefallen ist. |
Und nun sag, was du möchtest? |
»Väterchen, gib mir Oxana zur Frau! |
Tschub überlegte einen Augenblick und sah sich die Mütze und den Gurt an: |
die Mütze war wunderbar und der Gurt nicht minder; dabei fiel ihm auch noch die treulose Solocha ein, und er rief entschlossen: »' |
»'s ist recht! |
Schicke deine Brautwerber her! |
»Ah! |
schrie Oxana auf, die über die Schwelle getreten war und den Schmied erblickt hatte, und sie richtete freudig und ganz erstaunt ihre Blicke auf ihn. |
»Schau mal, was ich dir für kleine Schuhe mitgebracht habe! |
sagte Wakula, »dieselben sind's, die die Zarin trägt. |
»Nein, nein! |
Ich brauche keine Schuhe! |
rief sie, ihn mit den Händen abwehrend und ohne ihre Augen von ihm abzuwenden; »ich bin auch ohne Schuhe..... |
Und sie sagte nichts weiter, sondern errötete nur. |
Der Schmied kam näher heran, ergriff sie bei der Hand, und die Schöne schlug die Augen nieder. |
Noch nie hatte sie so wunderbar schön ausgesehen. |
Der Schmied küßte sie voller Entzücken auf die Lippen, ihr Antlitz verfärbte sich noch tiefer, und sie wurde nur noch schöner. |
Der Bischof seligen Angedenkens kam einmal durch Dikanka, lobte die schöne Lage des Dorfes und hielt, als er die Straße herunterfuhr, vor einer der Hütten an. |
»Wem gehört diese schön bemalte Hütte? |
fragten Seine Hochwürden die hübsche Frau, die mit einem Kinde auf dem Arm vor der Türe stand. |
»Dem Schmied Wakula!« antwortete ihm mit einer Verbeugung Oxana, denn sie war es. |
»Großartig! |
Eine wundervolle Arbeit! |
sprachen Seine Hochwürden, als sie sich Türen und Fenster ansahen. |
Die Fenster waren ringsherum mit roter Farbe bestrichen und auf den Türen waren überall Bildnisse von reitenden Kosaken mit Pfeifen in den Zähnen aufgemalt. |
Noch mehr aber lobten Seine Hochwürden den Schmied Wakula, als sie erfuhren, daß er eine Kirchenbuße eingehalten, die er sich selbst auferlegt, und in der Kirche den ganzen linken Chor mit grüner Farbe gestrichen und mit roten Blumen bemalt habe. |
Das ist jedoch noch nicht alles. |
An die Wand, die, wenn man die Kirche betritt, sich gleich zur Linken befindet, hatte Wakula einen in der Hölle sitzenden Teufel gemalt und zwar einen so abscheulichen Teufel, daß jedermann, der vorbeiging, ausspeien mußte, und wenn einer Frau das Kind auf dem Arme zu weinen anfing, so trug sie es ans Bild und sprach: »Schau, schau, hu, hu, was da hingemalt ist! |
Und das Kind verschluckte seine Tränen, schielte scheu nach dem Bilde und schmiegte sich enger an die Brust der Mutter. |